Antimuslimisch-rassistische Buchpräsentation in Wien
Am 19. Februar fand beim Wiener Akademikerbund die Präsentation der deutschsprachigen Übersetzung von Anke Van dermeerschs Buch "Weder Hure noch Sklavin" ("Hoer noch slavin" im Original) statt. Die Einladung dazu wurde via Presseaussendung vom Freiheitlichen Parlamentsklub ausgesandt, um Anmeldung bei Unzensuriert.at, dem rechtsextremen Internetporal rund um Olympia-Burschenschafter und 3. Nationalratspräsidenten Martin Graf, wurde gebeten.
Laut Einladung soll das Buch "Weder Hure noch Sklavin" Frauen vor der "Islamisierung Europas" warnen. Der Islam sehe Frauen als "minderwertig, schwach, böswillig und intellektuell minderbegabt an". Weiters beschränke sich die Rolle der Fraue im Islam auf "diejenige der Mutter". Tatsächlich mag es sein, dass manche Auslegung des Islam derartige Frauenbilder transportieren, aber gerade im Umfeld der FPÖ und anderer rechtsextremer Akteur_innen wird häufig genau dasselbe Rollenbild tradiert.
So kommen Frauen* im Parteiprogramm der FPÖ nur im Zusammenhang mit Familie in Erscheinung. Und das Familienbild der FPÖ ist ein sehr konservatives, denn die "Lebensgemeinschaft von Mann und Frau wird durch das Kind zur Familie." Keine Kinder, keine Familie also. Auch wenn sich die FPÖ gegen Geschlechterhierarchien ausspricht ist es doch entlarvend, wenn Frauen* von der FPÖ nur als Mütter angesprochen werden - und folglich als Gebärerinnen: "Nur die Partnerschaft von Mann und Frau ermöglicht unserer Gesellschaft Kinderreichtum." Viel deutlicher wurde etwa Karlheinz Klement im Jahr 2008: Damals forderte er eine Gebärprämie, damit (österreichische) Frauen nicht abtreiben würden. Laut Klement wäre dies "ein Beitrag, die österreichische Bevölkerung zu erhalten".
Feministische Kritik für rassistische Hetze instrumentalisiert
Auch der jüngst von der FPÖ organisierte Akademikerball der Burschenschafter war ein Event, wo ein Rollenbild der Frau zelebriert wird, das von Van dermeersch kritisiert wird: Frauen als minderwertig, intellektuell minderbegabt und schwach ist das vorherrschende Bild unter Burschenschaften - weshalb Frauen* aus diesen auch explizit ausgeschlossen sind.
Damit ist klar, dass diese feministische Kritik von Anke Van dermeersch (und der FPÖ und anderer antimuslimischer Akteur_innen) einzig dann vorgeschoben wird, wenn es darum geht, antimuslimische Hetze zu betreiben: Es soll ein Bild eines fortschrittlichen "Westens" in Abgrenzung zu einem "rückständigen" "Osten" konstruiert werden. Weiters wird zwar meistens von "Islam" gesprochen, gemeint sind aber alle Muslim_innen und jene, die als solche identifiziert werden: Ihnen wird in kulturalistisch-rassistischer Manier eine nicht veränderbare rückschrittliche "Kultur" zugeschrieben.
Die Instrumentalisierung von Versatzstücken feministischer Kritik ist nichts neues in der sogenannten Counter-Jihad-Szene, in der sowohl Proponent_innen der FPÖ als auch des Vlaams Belang aktiv sind. Counter-Jihad ist eine wilde Mischung aus Neokonservativen, Rechtsextremen, Klerikalfaschist_innen und anderen, deren gemeinsamer Nenner die Angst vor dem "Untergang des Abendlandes" ist.
Der Wiener Akademikerbund ist schon länger recht aktiv in dieser Szene, etwa durch die Person Elisabeth Sabaditsch-Wolff, die beim Wiener Akademikerbund und dem Netzwerk Karl Martell (ebenfalls Teil der Counter-Jihad-Szene) aktiv ist, rassistische Vorträge beim Freiheitlichen Bildungsinstitut gehalten hat und Strache bei seinem Israel-Besuch begleitet hat. Ihr kommt eine zentrale Stellung in der antimuslimischen Szene zu: Im März 2011 hielt Sabaditsch-Wolff in Miami für die neu gegründete antimuslimische Organisation The United West eine Rede, die u.a. auf gatesofvienna.blogspot.com veröffentlicht wurde.
Es darf weiterhin nicht überraschen, dass zu dieser Buchpräsentation nicht nur Anke Van dermeersch als Autorin eingeladen wird, sondern auch Filip Dewinter (ehemaliger Fraktionsvorsitzenden des Vlaams Belang) und Susanne Winter (FPÖ Steiermark). Susanne Winter trat etwa 2011 mit Wolfgang Jung (Burschenschafter, FPÖ Wien) in Köln beim "Marsch für die Freiheit" auf, der von der ebenfalls antimuslimischen Pro-Bewegung organisiert wurde. Aus nicht-deutschprachigen Ländern waren dort unter anderem auch Filip Dewinter, Jacques Cordonnier (Bloc Identitaire, Frankreich) und Taylor Rose (Tea Party).
Wenn wir von Counter-Jihad schreiben, dann sehen wir es als notwendig an, deutlich zu machen, dass es sich hier nicht um Netzwerke von Spinnern* handelt, sondern dass in dieser Szene durchaus eine gewisse Gewaltbereitschaft herrscht. Denn auch Anders Behring Breivik, der 69 Menschen ermordete, bezieht auf die Counter-Jihad-Szene. Für ihn sind antimuslimische Ressentiments und die imaginierte Bedrohung des "Abendlandes" ganz zentral.