Sprachlos im doppelten Sinne
Der 8. März ist zwar schon ein Weilchen her, aber feministische Kämpfe können sich sowieso nicht auf einen Tag im Jahr beschränken. Was sie aber anscheinend doch können sind Frauen* aus diesen Kämpfen zu exkludieren. Nachfolgendes Mail von LEFÖ - Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen hat uns nach der 8. März Demonstration in Wien erreicht. Für einen solidarischen und inklusiven Feminismus!
LEFÖ: sprachlos im doppelten Sinne bei der 8. März Demo
Der Internationale Frauentag 2015 ist über die Bühne gegangen. Dieser Tagsteht in der historischen Tradition der gemeinsamen Kämpfe für die Rechtevon Frauen: es geht um Solidarität, Ermächtigung und damit um die Aufhebungder künstlichen Grenzen des Mainstreams, die uns Frauen im Alltag trennenund schwächen. Der transnationale Charakter dieses Tages schafft Räumepolitischer Stärke, er soll Frauen ALLER Herkünfte und sozialen Hintergründemiteinander vereinen und uns die seltene Möglichkeit bieten, miteinanderdarauf aufmerksam zu machen, was es noch Wichtiges zu tun gibt.
Eine der wichtigen Aktionen rund um den 8. März ist für LEFÖ seit vielenJahren die Teilnahme an der Frauen-Lesben-Demo in Wien. Auch dieses Jahrwaren wir wieder vor Ort und wollten die im Vorfeld ausgesprochene Einladungnützen, dort eine Rede für die Rechte von Sexarbeiterinnen zu halten.
Just in dem Moment, als unsere engagierten Kolleginnen das Mikrophonbekommen sollten, wurde uns von den Organisatorinnen ganz offen verwehrt zusprechen. Dieser Akt der Ausgrenzung macht uns als NGO und unsereKolleginnen in der Sexarbeit nicht nur zutiefst betroffen, sondern imwahrsten Sinne des Wortes s p r a c h l o s!
Das FZ als Organisatorin der Demo signalisiert damit, dass der Kampf fürFrauenrechte (migrantische) Sexarbeiterinnen nicht mehr mitmeint. Es gleichteinem Backlash in Zeiten, wenn wir hier wiederholen müssen: Sexarbeiterinnensind Menschen - Frauen - Migrantinnen - und Arbeiterinnen! Die Durchsetzungihrer Rechte ist untrennbar mit der allgemeinen Durchsetzung von Menschen-,Frauen-, Migrantinnen- & Arbeiterinnen-Rechten verbunden!
Wenn wir also von einem - wenn auch sehr kleinen - Teil der eigenen Reihenan diesem so wichtigen Tag mundtot gemacht werden, möchten wir unsere Redezumindest hier veröffentlichen und uns mit Silvia Federici daran erinnern:"We want and must say that we are all housewives, we are all prostitutes,and we are all gay, because as long as we accept these divisions, we acceptthe logic of the master."
Redebeitrag
Verschiedene Berufe. Gleiche Rechte. Für die Rechte von SexarbeiterInnen!
Prostitution bzw. Sexarbeit ist eine Realität, die gesellschaftlich undrechtlich anerkannt werden muss. SexarbeiterInnen sind Frauen, Männer undTransgender-Personen, die in Österreich und in anderen Ländern der Weltunter oft schwierigen Bedingungen arbeiten und sexuelle Dienstleistungenerbringen. Auch in Österreich haben SexarbeiterInnen aber nach wie vor nichtdie gleichen Rechte wie andere Erwerbstätige ? sie sind jedochregistrierungspflichtig, gesundheitsuntersuchungspflichtig undsteuerpflichtig!
Seit Anfang der 1990er Jahre arbeiten wir, der Verein LEFÖ, für die Rechte von SexarbeiterInnen und unterstützen insbesondere Migrantinnen, die in der Sexarbeit tätig sind. Wir bieten muttersprachliche Sozial-, Rechts- und Gesundheitsberatung und unterstützen Frauen dabei, ihre Arbeits- undLebensbedingungen zu verbessern.
Wiederholt fordern wir die Entkriminalisierung von SexarbeiterInnen ? und endlich ein Ende der Scheinheiligkeit und Doppelmoral, mit der das Themabehandelt wird! Wir fordern:
- Umsetzung der Menschen-, Frauen-, Arbeits- und MigrantInnenrechte, die SexarbeiterInnen nach internationalen Übereinkommen zustehen
- die rechtliche Gleichbehandlung und Gleichstellung vonSexarbeiterInnen mit anderen Erwerbstätigen- ausreichend gute und sichere Arbeitsplätze
- Schutz vor Gewalt, Diskriminierung, Sexismus und Rassismus
SexarbeiterInnenrechte sind Menschenrechte
Mit feministischen Grüßen!
Die LEFÖ-Frauen