Für unabhängige Kulturprojekte und Freiräume - Das EKH muss bleiben
Zur Erklärung der Situation: Die Kommunistische Partei Österreich (KPÖ) möchte das selbstverwaltete Ernst Kirchweger Haus (EKH) in Wien verkaufen und somit de facto seiner Räumung ausliefern. Eine Finanzkrise, bedingt durch die Niederlage im Rechtsstreit um das Vermögen der Firma Novum, wird nun zum Anlass genommen, um die ungeliebten MieterInnen auf die Straße zu setzen. Von einer Räumung wären zahlreiche Organisationen aber auch Einzelpersonen in ihrer Existenz bedroht. Im folgenden von uns - als eine der direkt betroffenen Organisationen - eine Stellungnahme zu den KPÖ-Plänen:
Seit mehr als 10 Jahren ist das Ernst-Kirchweger-Haus (EKH) in der Wielandgasse 2-4 im 10.Wiener Gemeindebezirk ein Ort kultureller Vielfalt und kreativer Politprojekte. Das "Haus" beinhaltet neben einer Reihe unabhängiger, kulturell-politischer und nicht-kommerzieller Initiativen auch Wohnraum für MigrantInnen und Menschen, die alternative Formen des Zusammenlebens bevorzugen. Es stellt in Österreich ein einzigartiges - weil selbstverwaltetes - Projekt dar, aus dessen Umfeld in den letzten Jahren eine Menge an Kultur- und Politangeboten hervorgegangen sind. Dieses Potential, unabhängig von öffentlichen Geldern und anderen Sponsoren, darf nicht verloren gehen. Eine Gefahr die durch den geplanten Verkauf des Hauses durch die KPÖ akut im Raum steht.
In und aus diesem Freiraum abseits des kulturellen und politischen Mainstreams entstand auch das Que(e)r-Beisl, ein Projekt, das seit mehr als fünf Jahren die Symbiose von gemütlichem Beisl und politischem Veranstaltungsraum wöchentlich unter Beweis stellt. Das Que(e)r-Beisl bietet in entspannter Atmosphäre Menschen einen Kommunikationsort und einen freien Zugang zu Informationen, weshalb der Besuch der Veranstaltungen prinzipiell gratis ist. Mittwoch für Mittwoch werden die unterschiedlichsten Themen vorgetragen und diskutiert: So gehören Veranstaltungen über die NS-Opfer am Spiegelgrund oder die Situation von Roma und Sinti in Tschechien ebenso zum Repertoire wie feministische Themen, Gender-Fragen, Antifa-Infos oder aktuelle innenpolitische Ereignisse. Abseits des "klassischen" linken Politikverständnis versuchen wir einen besonderen Schwerpunkt auf das Aufbrechen von üblichen Geschlechterrollen und Verhaltensweisen zu legen.
Das Que(e)r im Que(e)r-Beisl bedeutet nämlich für uns, dass wir, ohne fixe politische/sexuelle/... Identitäten zu beanspruchen, die oft zu festgeschriebenen Kategorisierungen führen, trotzdem klare politische Aussagen treffen wollen. Aussagen, die sich mit dem Begriff des "crossover" noch am ehesten beschreiben lassen, ein Konzept, den Fokus politischer Theorien und Praxen nicht nur auf ein oder wenige ThemengebietE zu legen, sondern verschiedene, auch wenig diskutierte, Machtverhältnisse (wie Hetero/Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, ...) zu hinterfragen, nach Gegenstrategien zu suchen und diese (durchaus lustvoll) auszuprobieren. Dieses gesamtpolitische Verständnis macht das Que(e)r-Beisl-Programm zu einem bunt gemischtem Repertoire an lebendigen und aktuellen Veranstaltungen, das regelmäßig von zahlreichen Menschen in Anspruch genommen wird.
Das Que(e)r-Beisl stellt aber auch ganz bewusst einen Freiraum dar, der abseits der üblichen Beislkultur Menschen die Möglichkeit bietet, sich ohne Konsumzwang mit anderen zu unterhalten und ungezwungen Vorträge zu besuchen. Auch sollen sich ganz besonders Frauen in dieser Struktur wohl fühlen und nicht durch sexistische Anmache belästigt werden.
Das gute Feedback der BeislbesucherInnen lässt erahnen, dass es durchaus Bedarf an einer solchen alternativen Beislkultur gibt. Wir wollen die Vielzahl an Veranstaltungen und die Möglichkeiten, neue Leute kennen zu lernen nicht missen. Der Austausch mit unseren GästInnen ist uns, den BeislmacherInnen, sehr wichtig und trägt einen erheblichen Anteil zum Gelingen des Projekts bei.
Das Que(e)r-Beisl ist nur ein Projekt von vielen, das ohne EKH nicht möglich gewesen wäre. Initiativen wie die Volxbibliothek mit einer Unmenge an (linker) Literatur und zahlreichen Raritäten, der Flüchtlingsbereich, der Infoladen 10, die Proberäume, das Volxtheater oder auch der gesamte Veranstaltungsbereich sind durch einen Verkauf in ihrer Existenz bedroht. Das EKH muss im Gesamtkontext als Polit-, Kultur- Arbeits- und Wohnprojekt erhalten werden. Verhindern wir den politischen Selbstmord der KPÖ! Finger weg vom EKH! Der KPÖ gemeinsam auf die Pfoten haun!