Antwort auf die Stellungnahme des Redaxkollektivs der ASB
Triggerwarnung - unser Text enthält Beschreibungen sexualisierter Gewalt (da wir Inhalte und deren Formulierungen, die sexualisierte Gewalt darstellen bzw. verharmlosen, kritisieren)
Zunächst mal: Kritik am Definitionsmachtskonzept halten wir für wichtig, weil es beim Themenkomplex sexualisierte Gewalt, Betroffenenunterstützung und Täterumgang um schwierige Themen geht, die sehr komplex sind. Ein sensibler Umgang und eine ständige Reflexion und Weiterentwicklung der eigenen Praxis ist hier unumgänglich. Wir nehmen Kritik ernst und versuchen sie zu verstehen. Warum für uns aber die Stellungnahme des Redaxkollektivs der ASB einer sexistischen und täterschützenden Logik folgt, versuchen wir im Folgenden darzulegen.
Dort steht u.a., dass es sinnvoll sei, die Situation möglichst genau zu  beschreiben, damit keine Gerüchte entstehen. Dabei scheint es eine  untergeordnete Rolle zu spielen, was die Veröffentlichung von Details  für die Betroffene bedeuten kann. Weiterhin werden die Geschehnisse nur  aus der Täterperspektive dargelegt und so wird diese öffentlich  reproduziert. Mit der Stellungnahme wird sich vollkommen über die  Betroffene, ihre Situation und ihre Bedürfnisse hinweg gesetzt. Dies  scheint – wissentlich oder unwissentlich – in Kauf genommen worden zu  sein, um den Täter zu verteidigen.
Es geht bei der Umsetzung des  Definitionsmachtskonzept nicht darum, was angeblich passiert oder nicht  passiert ist, sondern darum, Betroffene im Umgang mit Gewalterfahrungen  zu unterstützen. Im Falle von Hausverboten beispielsweise geht es nicht  darum, Täter zu bestrafen, sondern Betroffene von sexualisierter Gewalt  mit der Anwesenheit des Täters zu verschonen. Die Stellungnahme zeigt  uns, dass diese Basispunkte des Definitionsmachtskonzepts nicht  verstanden oder ignoriert wurden.
Es wird behauptet, die  Wahrnehmung der Betroffenen ernst zu nehmen, allerdings wird sie im  selben Absatz in Frage gestellt. Es wird darüber geurteilt, was passiert  ist und die Situation, die nur aus der Täterperspektive bekannt ist,  als „von außen verhältnismäßig harmlos“ beschrieben. Hierbei wird nicht  beachtet, dass diese Wahrnehmung jeglicher Objektivität entbehrt. Diese  Argumentation folgt einer altbekannten sexistischen Logik, in der die  Gewalterfahrungen von Frauen permanent in Abrede gestellt, geleugnet  und/oder verharmlost werden.
Auch den Täter nicht als solchen zu  benennen und ihn stattdessen durchgehend als “Beteiligten” zu  bezeichnen, wie in der Stellungnahme geschehen, stellt das ganze so dar,  als ob keine Gewaltanwendung bzw. Machtausübung stattgefunden hätte. Es  gibt noch weitere Formulierungen die das Geschehene herunterspielen, so  wie es das Wording als Beteiligter macht, zum Beispiel im ersten Absatz  "Sie machten uns auf die Verwicklung(!) [...] aufmerksam", oder auch im  6. Absatz die Rede von der "problematisierten(!) Situation". In dem  Zusammenhang möchten wir auch darauf aufmerksam machen, dass es wichtig  ist vor Texten, die Beschreibungen - sexualisierter - Gewalt enthalten,  vor Triggern zu warnen.
Ja, wir finden auch, dass Menschen die  Fähigkeit haben, sich weiterzuentwickeln und sich mit Themen  auseinanderzusetzen. Wir denken aber, dass wenn ein Täter sich mit der  von ihm ausgeübten Gewalt wirklich auseinandersetzt und die Forderungen  der Betroffenen ernst nimmt, einerseits nicht seine Darstellung davon,  was (nicht) passiert sei, herumerzählt und andererseits sich darüber  bewusst sein muss, was es bei der Betroffenen auslösen kann, wenn  jemand, der ihr gegenüber übergriffig war, sich mit Klarnamen als  Antisexismus-Experte ausgibt. Wir denken, dass ein Ernstnehmen  beinhalten sollte, das Mitarbeiten bei einer Antisexismusbroschüre  vorher mit der Betroffenen bzw. ihrer Unterstützer_innengruppe  abzuklären.





