§248 / Abs 2
Widerstandswoche 20
Entgleitet die Polizei endgültig der politischen Kontrolle?
Spätestens seit der Einkesselung und Verprügefung von 25 Demonstrantinnen am Tag nach der Erschießung von Imre B. durch einen Wiener Polizisten, scheint in der Wiener Polizei ein Richtungs- und Machtkampf ausgebrochen zu sein. Offensichtlich machen sich innerhalb der Polizei nun versärkt rechte und rechtsextreme Gruppierungen für eine härtere Gangart gegenüber regierungsfeindlichen Demonstrantinnen stark.
Der Falter von dieser Woche berichtet, daß ihm interne Flugblätter der freiheitlichen und christlichsoziaien Poiizeigewerkschafter vorliegen, in denen eine härtere Gangart verlangt werde. Aus ihnen geht hervor, daß sowohl ÖVP_ als auch FPÖ_Polizeigewerkschafter die Nase voll von "gewissen linken Kreisen" haben, Sie fordern nun Konsequenzen: "Die Entwicklungen in der letzten Zeit anlässlich der Demonstrationen haben das innenpolitische Klima weitgehend vergiftet", schreibt etwa die ÖVPGewerkschaft und droht: "Die täglichen Demonstrationen werden von den Kollegen ergeben zur Kenntnis genommen. Gerade die letzte Demonstration gegen die Polizei, bei denen die Koliegenschaft mit den Wörtern: 'Mörder, Nazi, Schweine' bezeichnet wurde, wie auch jüngst ergangene Urteile [...] erschüttern die Kollegenschaft derart, daß ein sofortiges Handeln aus Gründen der innenpolitischen Sicherheit zu erfolgen hat." Conclusio der ÖVP-Vertreter: "Zurzeit herrscht eine derartige Rechtsunsicherheit, die von linksextremen Kreisen geschürt wird. Deren Initiatoren sind hinlänglich bekannt. Laut Falter fordern die FPOPolizisten der AUF in einem Flugblatt mit dem Titel "Gemeinsam sind wir stark!" sogar ein Volksbegehren gegen die Demonstrationen: "Das österreichische Rechtssystem" werde nämlich von "gewissen linken Kreisen untergraben".
Bei solchen Publikationen aus den Reihen der Exekutive scheint es ganz wer anderer zu sein, der hier die letzten Reste halbwegs rechtsstaatlicher Strukturen beseitigen will. Teile der Österreichischen Polizei scheinen jedenfalls bereits der politischen Kontrolle völlig zu entgleiten und ein beträchtliches Eigenleben zu führen.
KUNDGEBUNG GEGEN NAZIFEST
Kommenden Samstag findet in der Bude der Burschenschaft Olympia das jährliche Sommerfest dieser deutschnationalen Burschenschaft statt. Diesmal nimmt daran auch der deutsche Naziliedermacher Frank Renneke auf.
Deshalb rufen verschiedenste antifaschistische Gruppierungen zu einer Gegenkundgebung auf.
Samstag, 17. Juni, 19 Uhr vor der Buschenschaft Olympia, Gumpendorferstraße (nähe Gürtel, 1060 Wen)
Die Wiener Polizei verhaftet 30 illegalisierte Migrantlnnen
Die Polizei verhaftete in der Josefstadt 30 Personen, die vermutlich um teures Geld mit Schleppern nach Österreich kommen mußten, da sie sonst gar keine Chance mehr auf einen Grenzübertritt gehabt hätten.
Passanten waren in Wien in der Freudenauer Hafenstraße auf eine grössere Gruppe Personen aufmerksam geworden und haben diese offensichtlich in österreichischer Blockwartmentalität gleich der Polizei verpfiffen. Die Polizei griff die 30 illegal eingereisten Personen, darunter zehn Kinder gegen 4 Uhr morgens auf und überstellte sie dem Bezirkspolizeikommissariat Leopoldstadt.
Prozess gegen Anti-Regierungsdemoteilnehmer in Salzburg
Bereits am nächsten Montag findet in Salzburg ein Prozeß gegen einen Anti-Regierungs-Demo-Teilnehmer statt. Am 23. März fand vor der Salzburger FPÖ Zentrale eine unangemeldete Demo statt, die von der MEK aufgelöst wurde. Ein Demonstrant wurde wegen angeblichen "Widerstandes gegen die Staatsgewalt" verhaftet. Dies dürfte der Grund für die Verhandlung sein (evtl. auch schwere Körperverletzung). Details, sowie genaue Anklage sind leider noch unklar. (smash.sbg@gmx.net)
Demonstrationsverbot in Kärnten
Klagenfurt. Eine für Donnerstag während der Sitzung des Kärntner Landtages im Klagenfurter Landhaushof geplant gewesene Demonstration des "Überparteilichen Personenkomitees zur Beobachtung der politischen Lage im südlichsten Bundesland" konnte nicht stattfinden. Das teilte Vorsitzende der Kärntner SPÖ_Frauen, Bundesrätin Melitta Trunk, als Initiatorin der Plattform am Mittwoch während eines Pressegesprächs mit.
Landtagspräsident Jörg Freunschlag (F) habe die Demonstration, die um 9.00 Uhr beginnen und 20 Minuten dauern sollte, untersagt, teilte Trunk mit. "Das ist in dieser Form noch nicht passiert und passt ins Bild der politischen Unkultur in Kärnten", sagte die SP_Politikerin. Sie sprach wörtlich von "Sanktionen gegen Menschen in Kärnten, die in Kärnten eine andere Meinung vertreten". "Wir werden uns das nicht gefallen lassen und uns außerhalb der sogenannten Bannmeile versammeln", kündigte Trunk an. Dabei werde eine Protestnote in Form von zehn Geboten überreicht werden.
Der Landessprecher der Grünen, Michael Johann, sprach von einem "Klima der Angst in Kärnten". Andersdenkende würden verfolgt werden, was sich "bedenklich an ein rechtsautoritäres System anlehnt".
Die Künstler Bella Ban und Rolf Holub sowie die Zeitzeugin Ursula Kempf-Brinkmann ("Wir sind auf dem Weg in ein autoritätes System. Ich habe das schon einmal erlebt und will es nicht noch einmal") kritisierten ebenfalls die Vorgangsweise von Freunschlag. Der Landtagspräsident hatte in einem Schreiben an Trunk auf das "gesetzwidrige Verhalten der Teilnehme.r einer Demonstration am 3. März 2000" (es ging um die Absetzung der Frauenbeauftragten des Landes, Helga Grafschafter, durch FP_Landeshauptmann Jörg Haider _ Anm.) verwiesen. Deshalb habe er die Sicherheitsdirektion ersucht, "zukünftig die gesetzlichen Bestimmungen zu beachten".
Im Versammlungsgesetz heißt es, dass während einer Sitzung des Landtages' im Umkreis von 300 Meter keine Versammlung unter freiem Himmel stattfinden darf. (APA)
Naziverbindungen der FPÖ_Niederösterreich
In der Ausgabe der Zeitschrift "Profil" ist anlässlich des SS_Spruches des neuen Niederösterreichischen FP
Chefs Ernest Windholz eine Liste hochrangiger Funktionäre der niederösterreichischen FPÖ aufgelistet, die aus offen neonazistischem Hintergrund zur FPÖ stießen, Wir wollen diese recht gut zuammengesellte Liste weiterverbreiten,
jedoch hinzufügen, daß es sich dabei nur um ein Beispiel einer FPÖ Landesorganisation handelt und sich ähnlich gelagerte
Fälle auf allen Ebenen der FPO und in allen Landesparteien finden. Fast alle Funktionäre der 1988 wegen Nationalsozialistischer Wederbetätigung aufgelösten, bzw. aufgrund der österr. Rechtsordnung für nie gegründet erklärten NDP sind heute in der FPO aktiv. Viele Funktionäre kleinerer Neonazigruppen und anderer rechtsextremer Kleingruppen sind seit der Machtübernahme Haiders in die FPO gegangen und bilden heute wichtige Kader der Partei. Deutschnationale Burschenschafter bildeten zudem immer schon die Kaderschmiede von FPO und NDP,
Profil schreibt:
Bevor etwa Bernhard Blochberger freiheitlicher Landtagsabgeordneter wurde, hatte er für die Neonazi_Truppe des mittlerweile verstorbenen Norbert Burger kandidiert. Als die NDP im Jahr 1988 verboten wurde, engagierte sich
Blochberger bei der ausländerfeindlichen "Bürgerinitiative Ein Herz für Inländer". In einschlägigen Publikationen pfiegte der
Gendarm seine Leserbriefe mit "deutschem Gruß" zu unterschreiben. Schon in der NDP könnte Blochberger seinen
freiheitlichen Parteifreund Frank_Dieter Stanzel kennen gelernt haben. Stanzel hatte es sogar zum "l. Bundesschriftwart der NDP gebracht. Als er Ende April dieses Jahres im Gemeinderat in St. Andrä_Wördern angelobt wurde, wurde seine Vergangenheit wieder publik gemacht. Auf die Frage, ob er sich von seiner NDP Zeit distanziere, antwortete
Stanzei. "Ich habe wederjemanden gesprengt oder aufgehängt das war eine legale Sache".
Blochberger und Wolfgang Haberfer sind heute Kollegen im niederösterreichischen Landtag. Früher schrieben sie in "Der Völkerfreund", einem Periodikum, das laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) von einer "rechtsextremistischen Kleingruppe" herausgegeben wird. Haberler ist auch noch Gemeinderat in Wiener Neustadt. 1990 wurde im dortigen FPÖ_Lokal Flugblätter mit dem Siogan: "Österreich war deutsch, ist deutsch und bleibt deutsch" hergestellt.
Alois Preiszier ist nicht mehr Abgeordneter, aber noch im Parteivorstand der niederösterreichischen FPO. Im Jahr 1997 besuchte er die Generalversammlung der Kameradschaft Prinz Eugen, eine laut DÖW "rechtsextreme Veteranenorganisation", gemeinsam mit dem Landtagsabgeordneten Edwin Rambossek.
Der Obmann von Korneuburg, Rainer Mauritz, hatte sich in den sechziger Jahren im Dunstkreis Norbert Burgers an Anschlägen in Südtirof beteiligt und war und dort zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Heute ist er
Finanzreferent der FPÖ. Im Haus seines ehemaligen Pressesprechers Martin Berger fand die Polizei im Jahr 1993 Hakenkreuzfahnen und anderes NS_Probagandematerial. Das Parteigericht sprach Berger frei. Die Anzeige hatte der freiheitliche Gemeinderat Rudolf Wagerer erstrellt und wurde dafür aus der FPÖ ausgeschlossen.
"Bitte liebt Österreich!"
Unter diesem Namen findet noch bis zum 17. Juni Schlingensiefs Big-Brother Version neben der Oper statt. Neben einer FPÖ-Parteifahne zieren noch Haider-Zitate, Transparente der Kronen Zeitung und ein großes "Ausländer Raus" Transpi die Container, aus denen per Internet Flüchtlinge hinausgewählt und dann abgeschoben werden sollen. Schlingensief will damit die FPÖ-Politik einmal praktisch durchspielen und scheint damit ins Schwarze getroffen zu haben. Resultat: Große Aufregung bei Haiders KameradInnen und Uneinigkeit der Regierungskoaliton.
"Andersrum" um den Ring
Am 17. Juni 2000 zieht die fünfte Regenbogen Parade "andersrum" über die Wiener Ringstraße. Angesichts der politischen Situation haben österreichische Lesben, Schwule und Transgender Personen einmal mehr Grund, auf die Straße zu gehen, damit ihnen nicht weggenommen wird, was sie sich in den letzten 30 Jahren mühsam erkämpft haben. Obligatorisch wird die Parade heuer mehr denn je als ein Fest der Lebensfreude, der Toleranz und der Offenheit zwischen allen Menschen verstanden.
"Lesben, Schwule und TransGender Personen fühlen sich durch die momentane reaktionär/nationale Regierung bedroht. Die Regenbogen Parade muß dieses Jahr ein Teil der Widerstandsbewegung gegen diese Regierung und gegen das Klima des Hasses in diesem Land sein." sagt die Präsidentin des CSD Vereins, des Organsators der Regenbogenparade, Cornelia Lichtenegger.
Am 27. Juni 1969 führte die New Yorker Polizei in der schwulen Bar "Stonewall Inn" in der Christopher Street eine brutale Polizeirazzia durch. Dies geschah damals regelmäßig. An diesem Tag geschah aber etwas völlig Unerwartetes: anstatt sich zu verstecken, anstatt einzeln zu flüchten, fanden sich immer mehr Lesben, Schwule und Transgender Personen vor dem Lokal ein, kesselten die Polizei im Lokal ein und wehrten sich erstmals gegen die dauernde Diskriminierung und Belästigung. Diese Nacht gilt als Geburtsstunde der modernen Schwulen und Lesbenbewegung. Ab diesem Tag konnte wieder ein eigenes Selbstverständnis aufgebaut werden. Seit diesem Zeitpunkt traten Lesben, Schwule und Transgender Personen selbst für ihre Rechte ein.
Deshalb fungieren die Paraden zum Christopher Street Day als jährlich wiederkehrende, politische Höhepunkte der Lesbenund Schwulenbewegung, da an einem Tag einer großen (Medien_)Offentlichkeit die Bedürfnisse und Forderungen von gleichgeschlechtlich liebenden Menschen gezeigt werden.
Der Regenbogen, das Symbol der Lesben_ Schwulen_ und, TransGenderbewegung, ist das Sinnbild für die vielfältigen Leberiswelten von Lesben, Schwulen und Transgender Personen. (Zusammengestellt aus WiderstandsMUND, Zur Eintragung in diesen Verteiler bitte von der einzutragenden Adresse aus ein Mail schicken an: analle-admin@no-racism.net mit folgendem Text_. subscribe no-racism).
Wider die antisemitische Normalität!
Antisemitismus ist in Österreich keine Randerscheinung einiger wütender Alt_ und Neonazis, sondern ein integraler Bestandteil der postnationalsozialistischen Gesellschaft in diesem Land.
Genauso wie Rassismus, liegt Antisemitismus bereits jeder bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft immanent zugrunde. Schließlich gelingt die Identitätsbildung des bürgerlichen Subjekts nicht über sich selbst, sondern nur Ober die ständige Abgrenzung gegenüber vermeintlich minderwertigen und vermeintlich überwertigen Menschen. Gegen die vermeintlich unterwertigen Menschen richtet sich der Rassismus, gegen die vermeintlich überwertigen der Antisemitismus.
Die Tugenden bürgerlicher Mäßigung werden diesen vermeitlich über- und unterwertigen Menschen entgegengestellt. Das bürgerliche Subjekt sieht sich dann eben als die genau richtige Mischung zwischen dem "Abstrakten", das von eben diesem bürgerlichen Subjekt den Juden zugeordnet wird und dem "Natur_ und Triebhaften", das Afrikanern und anderen .,Untermenschen" zugeordnet wird.
Diese Grundstruktur antisemitischen Denkens wurde jedoch in keinem Teil der Welt zu größerer Meisterschaft getrieben als in Deutschland und Österreich. Hier hat sich christlicher Antisemitismus mit rassischem Antisemitismus und deutscher Gründlichkeit zu jenem eliminatorischen Antisemitismus gepaart, der schließlich zur verhehrendsten Massenvernichtung in der Geschichte des Judentums führte. Nur hier haben es ÖsterreicherInnen und Deutsche zustandegebracht, Millionen von Menschen mit einmaliger Systematik einer industriellen Massenvernichtung zuzuführen.
Und daran beteiligt war eben nicht nur "der Staat" oder "der Parteiapparat", sondern jene "Volksgemeinschaft", die erst durch das gemeinsam begangene Verbrechen wirklich zu jener Volksgemeinschaft wurde, die sie sein wollte.
Nach 1945 geschah das, was bei Verbrecherbanden, die erwischt worden sind, immer passiert: Niemand wollte es gewesen sein. Und während das den Deutschen weltweit einfach niemand abnahm, mußten sie wohl oder übel über die Vergangenheit reden, sie "bewältigen" eben gerade so viel, wie es notwendig war, um spätestens unter Bundeskanzler Schröder wieder "ein ganz normales Land" zu werden.
Die Österreicherinnen hatten dies nicht einmal nötig. Die Lebenslüge der zweiten Republik. das erste Opfer des Nationalsozialismus gewesen zu sein, wurde den Österreicherinnen wenn schon nicht geglaubt, so doch aus opportunistischen Gründen der Kalte Krieg war schließlich bald wichtiger als eine konsequente "Entnazifizierung" augenzwinkernd akzeptert.
Die postnationalsozialistische Täterinnengemeinschaft in Österreich, erst durch das gemeinsame Verbrechen zur Volksgemeinschaft zusammengeschweißt, konnte so eine Aufarbeitung der Geschichte nie dulden. Historikerinnen, die an den Tabus des Verbrecherkollektivs kratzten, politische Kleinstgruppen, die auf die begangenen Massenmorde und die Beteiligung von Österreicherinnen darauf hinwiesen, und vor allem Opfer und ihre Nachfahren, die Ansprüche auf Entschädigung oder zumindest Entschuldigung erhoben, wurden und werden nur als Nestbeschmutzerinnen gesehen.
So konnte in diesem Land auch nach 1945 eine Kontinuität des Antisemitismus weiterleben, die oft nicht einmal von den schlimmsten verbalen Austitten zurückschreckte. Nicht nur an Stammtischen geisterte und geistert immer wieder der "Saujud" herum. In den Sechzigerjahren konnte dies auch durchaus noch von wichtigen ÖVP-Politikerlnnen gehört werden.
Gegen den SPO_Kanzlerkandidat jüdischer Herkunft, Kreisky, plakatierte die ÖVP "Ein echter Österreicher!" und dieser Kreisky selbst wiederum hielt sich nicht mit antisemitischen Ausütten gegen Simon Wiesenthal zurück.
Jüdische ImmigrantInnen wurden nie zurückgeholt und kehrten sie auf eigene Faust zurück, machte ihnen die österreichische Volksgemeinschaft das Leben schwer.
Die katholische Kirche beendete erst in den Neunzigerjahren die Wallfahrt zum "Anderl von Rinn", einem Fall von Ritualmordiegende in Tirol.
Gar nicht erwähnt ist hier die durchgehend antisemitische Politik der Nachfolgepartei des "3. Lagers", der VdU und der späteren FPO. Hier konnten nach der Wiederzulassung alter NSDAP-Mitglieder zu Wahlen noch ungehinderter alte NS-Karrieren fortgesetzt werden, als in allen übrigen Parteien. Funktionäre des "Antisemitenbundes" konnten in VdU und FPÖ ebenso zu wichtigen Funktionen aufsteigen wie Kriegsverbrecher und andere NS_Größen.
Kein Wunder also, daß in diesem postnationalsozialistischen Osterreich mit seiner ebenso postnationalsozialistischen Demokratie ein Klima herrscht, das auf jede Thematisierung der Verstrickung von Österreicherinnen in die TäterInnenschaft der Schoa mit einem sekundären Antisemitismus reagiert wurde und wird. Zuerst wurde die Schoa fünfzig Jahre verschwiegen und dann wurde jenen, die sie seit der Affäre Waldheim endlich erwähnten, vorgehalten, sie sollen doch diese alten Geschichten nicht wieder ausgraben.
Waldheim brachte der Vorwurf seiner Kriegsvergangenheit und seine eigenen antisemitischen Antworten auf diese Vorwürfe schließlich den Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 1986. Auch der Aufstieg der FPÖ war immer wieder begleitet von antisemitisch konnotierten Aussagen und Plakaten. Zuletzt wurde mit "Zwei echte Österreicher" auf das ÖVP_Plakat gegen Kreisky Bezug genommen. Während des Wahlkampfes 'und v.a. nach dem Wahlerfolg der FPÖ im Oktober 1999 verzehnfachten sich laut Israelitischer Kultusgemeinde die Übergriffe auf Jüdinnen und Juden in Österreich. Und nun, nach der Machtergreifung einer FPÖVP-Regierung forderte die FPO_Nationalratsabgeordnete Partik-Pable, Zivildiener in Zukunft nur noch für Krankentransporte und ähnliches einzusetzen, statt sie zum "Taferputzen in Jerusalem" zu schicken. Ein offener Angriff auf den Gedenkdienst, der Zivildienern die Möglichkeit gibt, einen Zivilersatzdienst in Holocaustgedenkstätten und jüdischen Einrichtungen zu versehen.
Berechtigte Kritik aus dem "Ausland" wird seit der Regierungsbildung nicht nur mit klassisch österreichischer "gegen den Rest der Welt"_Politik beantwortet, sondern mit offenen antisemitischen Ausritten verbunden. Kein Wunder, daß Ariel Muszikant, der Präsident der israelitischen Kultusgemeinde eine Verzehnfachung antisemitischer Übergriffe seit den Wahlen festellen mußte, wenn sogar wichtige FPÖ-Politiker ganz offen antisemitische Stereotype bedienten können.
Das freiheitliche Mitglied der EU-Parlamentes Peter Sichrovsky konnte von seinen Parteikameraden ebenso unwidersprochen wie vom Koalitionspartner ÖVP, erst vor Kurzem in der wichtigsten slowenischen Tageszeitung "Delo" kundtun, daß er Muszikant für einen "intelligenten Idioten", der "unheimlich geldgierig` sei und "einen Berufsjuden, der tote Verwandte ausnützt, um im Fernsehen zu erscheinen" halte.
Haider selbst duldete in seiner Gegenwart immer wieder, wenn der frühere Kunstminister Rudolf Scholten mit dem Beinamen "Pfefferkorn", einem antisemitischen Lieblingsmotiv, belegt wurde. Haider ehrte noch kurz vor dem Tod seines alten Mentors Reimund Wimmer diesen als treues Vorbild im Dienste der Partei, obwohl dieser vor laufenden ORF_Kameras von "Peikelesjuden" geredet hatte, die bald"überall in Wen herumrennen",
Gegenwärtig stürzt sich der Antisemitismus des österreichischen Volkszornes, und damit auch jener der FPO aber auch ganz besonders auf Ed Fagen, jenen Anwalt, der versucht längst überfällige Entschädigungszahlungen für Zwangsarbeiterinnen und Opfer von Arisierungen zu erstreiten.
FPÖ-Bundesratsabgeordneter John Gudenus wurde in einem Interviw mit dem Magazin "profil" (29. 5. 2000) sehr deutlich, wenn er über die Entschädigungen von NS_ZwangsarbeiterInnen meinte: "Diese Entschädigungen sind nicht anderes als Schutzgeld, das wir zahlen müssen. [ ... ] Das ganze Unheil dieses Jahrhunderts ist eindeutig auf den Rachefrieden, den die Siegermächte nach dem Ersten Weltkrieg mit den deutschen Ländern und Ungarn geschlossen haben, zurückzuführen. [Ed Fagan] ist ein guter Geschäftsmann, das ist klar. Aber ich glaube, er trägt nicht dazu bei, Sympathien für seinesgleichen zu erwecken. Aber man darf auch nicht verallgemeinern. Es gibt in Deutschland den Anwalt Witti, von dem ich annehme, daß er nicht jüdischer Abstammung ist _ und der agiert ähnlich als Geschäftsmann."
Wer sich einmal unter Österreicherinnen umgehört hat versteht auch warum ein so offen antisemitischer Bundesrat der FPO keinerlei Konsequenzen aus diesen Äußerungen zu befürchten hat, denn solche Statements sind hierzulande immer noch mehrheitsfähig, bringen also eher WählerInnenstimmen als Verluste.
Deshalb wird die Regierungsbeteiligung der FPÖ nur dann eftizient bekämpfbar sein, wenn sich die Opposition auch gegen den Antisemitismus wehrt, der an den hiesigen Stammtischen, in den Familien, in den Schulen ... weitergegeben wird. Solange mehr oder weniger offener Antisemitismus aber den Status eines Volksvorurteils besitzt, werden wir die Exekutoren dieses Antisemitismus auch nicht von der Regierung wegbekommen.
für diese Ausgabe verantwortlich:
Ökologische Linke