04.01.2001

§248 / Abs 30

Widerstandswoche 49

Fascho-Skins überfallen Beisl in Vorarlberg

In der Nacht vom 23.12.2000 wurde das als "linkes Lokal" bekannte "Rasthaus" in Koblach von etwa 20 rechtsextremen Skinheads überfallen. Dabei wurden vier Personen zum Teil schwer verletzt, zwei Leute mussten mit Kopf- und Schnittverletzungen ins Landeskrankenhaus Feldkirch eingeliefert werden. Außerdem entstand Sachschaden in dem Lokal. Einer der Skins soll laut Gendarmerie sogar eine Faustfeuerwaffe mit sich geführt haben, sie jedoch nicht eingesetzt haben. Die Gendarmerie geht davon aus, dass die Täter "vermutlich der Skinheadszene angehören". Soweit die offizielle Darstellung bis jetzt. Es handelt sich dabei um langjährige Aktivisten der Bregenzer und Feldkircher Naziskinszene, die eine eigene Blood& Honour-Division gegründet haben. Diese war unter anderem auch für ein von 200 Skins besuchtes Konzert im Route 66 (ist in dem selben Gebäudekomplex wie das jetzt überfallene Lokal!) Ende August verantwortlich. Nach unseren Informationen ist im Februar das nächste Nazikonzert in Feldkirch geplant.

FPÖ und Gewerkschaft sind sich einig...

...wenn es um Rassismus und den Schutz österreichischer ArbeiterInnen vor den bösen, billigen, ausländischen Arbeitskräften aus dem Osten geht. ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch appellierte am Freitag an die Wirtschaft, erst eine genaue Bedarfsanalyse für den IT-Bereich vorzunehmen, dann heimische Ressourcen zu suchen und erst als letzte Möglichkeit ausländische Fachkräfte nach Österreich zu holen. Eine "Green Card" ist für Verzetnitsch nicht die geeignete Lösung für den Arbeitskräftemangel im IT-Bereich, er sieht den Schwerpunkt eher in der internen Ausbildung und Umschulung - dort solle die Wirtschaft ansetzen. Laut Online-Standard wiederholte Verzetnitsch zum Thema EU-Osterweiterung
die "im Prinzip positive" Einstellung der Gewerkschaften - aber, man müsse auch die Herausforderungen sehen und der "Freizügigkeit daher gewisse Grenzen" setzen. Eine solche Grenze wären nicht die mancherorts favorisierten sieben Jahre Wartefrist sondern ein Lohnniveau von 80 Prozent des heimischen. Zehn Prozent Lohndifferenz würden rund ein Prozent mehr Pendler bedeuten. Die inhaltlichen Übereinstimmungen des sozialdemokratisch dominierten Gewerkschaftsbundes mit der FPÖ sind hier unübersehbar.

SS-Spruch beim Kärntner Festzug: nun droht Anklage nach Verbotsgesetz

10. Oktober 2000: Der ORF ist live dabei, als stundenlang die verschiedensten Heimatverbände, deutschnationale Burschenschaften, Kameradschaftsbünde, und was sich noch so in Kärnten tummelt, vor vereinigter Prominenz aufmarschieren und "80 Jahre Kärntner Abwehrkampf" feiern. Auch der Kameradschaftsbund der Ortsgruppe Kappel am Krappfeld marschiert über den Neuen Platz - ihr Fahnenband geschmückt mit dem etwas abgewandelten SS-Spruch "Meine Ehre heißt Treue", was niemanden störte außer einer Gruppe von GegendemonstrantInnen, deren Transparent: "Eure Ehre heißt Treue, unsere Antwort heißt Dresden" von der Polizei "entfernt" wurde. Es dauerte knappe 10 Wochen bis die verantwortlichen Kameradschaftsbündler ausgeforscht werden konnten... Nun hat der Staatsanwalt noch nicht entschieden, ob gegen die "treuen Kameraden" aus Kappel Anklage nach dem Verbotsgesetz erhoben wird oder nicht. Der Fahnenträger gab an, der Obmann habe die Fahnenstange geheftet; der wiederum behauptet, den SS-Spruch gar nicht gekannt zu haben. NIE habe er Nazi-Gedankengut verbreiten oder gar verherrlichen wollen.
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Eisenstadt - Ein vor seiner Abschiebung stehender 20-jähriger Rumäne drohte am 25.12.2000 in Eisenstadt damit, sich vom Dach des Schubhaftgefängnisses zu stürzen. Nach 2 Stunden wurde er vom Polizeidirektor von Eisenstadt, Gerhard Wild zum Aufgeben "überredet". (APA)
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Richard "Staberl" Nimmerrichter feiert am 9.1.2001 seinen 80. Geburtstag im Marchfelderhof. (Quelle: Der Standard)

Österreich, wie es ein deutscher Rechter sieht

Die folgenden Zitate sind nicht als Satire zu verstehen. Peter Maier-Bergfeld gibt es und er meint es ernst. Schon 1995 lieferte er diese "lobende Analyse" Österreichs. Und wir sind selten mit einem Rechten so sehr einer Meinung gewesen abgesehen von der Bewertung der Zustände natürlich!

Forsetzung vom letzten §248

"Österreich hat insoweit [...] das genuin Politische noch bewahrt, die Unterscheidung zwischen Eigenem und Fremdem, 'wir' und 'die', die discriminatio zwischen Bürgern und Fremden. Das zeigt sich am besten in der Ausländerpolitik Österreichs, wo innen und außen zusammenstoßen. In Österreich ist die 'Fremdenpolizei' dafür zuständig, ein ehrliches Wort, das den bundesdeutschen 'Mitbürger'-Schmus vermeidet. [...] Die österreichischen elektronischen Medien [...] erlauben noch, daß sich die Furcht des Bürgers vor 'Überfremdung' artikuliert. [...] Wer in Österreich öffentlich, im Fernsehen oder in Leserbriefen sagt, er habe Angst vor zu vielen Fremden, erntet zwar auch schon Mißfallen, aber er wird noch nicht zum pädagogisierten Dauerbelehrungs- und beschämungsobjekt aller Medienorgeln des Landes. [...] (213)

In Österreich darf man Angst vor zuviel Fremdem äußern. [...]
Der Staat Östereich versucht, um diese Angst zu steuern, um berechtigte Interessen der eigenen Staatsbürger zu schützen (die Kernaufgabe des Staates), eine restriktive Ausländerpolitik zu gestalten. Österreich hat die drei Ingredienzien des Staates: Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsregierung noch nicht aufgelöst." (213f)

"Österreich hat durch seine Opferlegende bis 1988 [...] vermeiden können, zum Dauerobjekt einer politisch instrumentalisierten Vergangenheitsbewältigung gemacht zu werden [...]. Daher hat auch die weltweite Kulturrevolution von 1968 in Österreich keine nennenswerten Flurschäden angerichtet." (214f)

"Der Österreicher unterscheidet auch rechtlich Eigenes und Fremdes und schätzt das ist natürlich das Eigene höher und verteidigt es gegenüber Fremdem. [...]
Österreich folgt nicht den in Deutschland natürlich gnadenlos konsequent zu Ende gedachten Maximen der Aufklärung: Der Mensch als Mensch ist gut, ist Träger des allgemeinen, überindiviuellen Vernunftsprinzips, das herrschen soll, hat daher grundsätzlich überall und zu jeder Zeit geltende Menschenrechte, hat das Recht auf Glück (zumindest darf er überall danach streben), und dazu gehört natürlich auch weltweite Freizügigkeit." (217)

"Der Österreicher weiß universalistische Träume vom immer Partikulären der Realität zu unterscheiden. Er weiß, daß Umgrenzung Umfriedung ist, er kennt die als Antifaschismus getarnte 'Inländerfeindlichkeit' [...] nicht. Insoweit ist das österreichische Bewußtsein dem der Ex-DDR ähnlich." (218)

"Österreich erteilt Aufenthaltserlaubnisse nur noch restiktiv und quotiert, im Inland geborene Ausländerkinder werden auf diese Quote angerechnet. [...] Der Ausländer hat in Österreich kein Recht, Betriebsrat zu werden, eine Gemeindewohnung zu beziehen [...], er muß seine Aufenthaltsgenehmigung vom Ausland aus beantragen, auch wenn er seit Jahrzehnten in Österreich lebt oder gar hier geboren wurde, muß bei der Einreise ausreichend Barmittel, eine Krankenversicherung und will er bleiben eine Wohnung von mindestens 10 Quadratmetern pro Person und natürlich einen Arbeitsplatz nachweisen können. Die Beschäftigungsbewilligung ist an den Betrieb, nicht an die Person des Ausländers gebunden. Wird er arbeitslos, erhält er befristet Arbeitslosenhilfe. Sozialhilfe gibt es für ihn nicht. Nach Ablauf der Arbeitslosenhilfe muß er das Land verlassen. Bei anerkannten Asylanten kann auch nach 20 Jahren der Asylgrund noch wegfallen. Konsequenz: Abschiebung. Straffällig gewordene Asylbewerber werden konsequent abgeschoben, mehrere Verkehrsdelikte reichen. Abschiebung gibt es durchaus auch vor Abschluß des Asylverfahrens. Mit anderen Worten: Die ethische Kategorie Mensch ohne jeden Zusatz entfaltet in Österreich keine unmittelbare materielle politische und rechtliche Wirklichkeit. Das Ideal einer Menschheitsunmittelbarkeit des abstrakt-atomistischen Individuums ist keine österreichische Realität. Das Land könnte damit Vorreiter einer Politik der Festung Europa sein." (219f)

"Österreich ähnelt heute dem, was Ludwig Erhard die 'Formierte Gesellschaft' genannt hat. [...]

Universalismus zählt in Österreich wenig. Das ist bei einem Alpenvolk, das viel länger als Preußen vorindustriell geprägt war, verständlich. Die Lehre vom humanitaristischen Kosmopolitismus hat ja schon den Stadtstaat der Antike aufgelöst [...]." (221)

"Österreich war anders: voller Hofräte und Zwangskammern, Schutzzöllen und verstaatlichter Industrie, Klientel-Gruppen und roten Gemeindebauten in Wien, mit der 'gesunden Watschen' für die nicht 'braven' Kinder, mit dem Aufstehen für Erwachsene in der Tram, mit unbeschmierten Hauswänden und ohne S-Bahn-Surfen. Mit Orden, Ehrenringen, stolz gezeigt, mit belobigenden Handschreiben vom Landeshauptmann und fast ohne Datenschutz oder 'Waffengleichheit' der Strafverteidiger." (223)

"Sie sind noch nicht 'clever', diese Alpendeutschen. Es ist auch die Akademikerquote sehr niedrig. [...] Daher ist der Typus des Berufskritisierers, des großstädtischen Zersetzungsdenkers nicht verbreitet. [...]

Österreich ist nicht durchindividualisiert. [...]
In Östereich geht die Gemeinschaft noch vielfach dem Individuum vor. Das liegt auch daran, daß es noch keine ganz 'freie Wirtschaft' gibt. Das Land ist mental und in den konservativen Sektoren Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion eher auf Autarkie ausgerichtet gewesen." (224f)

"Österreichs Sendung wird darin bestehen, den globalen Modernisierungstrend zu verzögern, also eine konservative Haltung in und außerhalb der EU zu verstärken." (226)

Zitate aus: Maier-Bergfeld, Peter: Deutschland und Österreich. Über das Hissen der schwarz-rot-goldenen Flagge in Wien, in: Schwilk, Heimo; Schacht, Ulrich (Hg.): Die selbstbewußte Nation. "Anschwellender Bockgesang" und weitere Beiträge zu einer deutschen Debatte. Frankfurt/M., Berlin 1995 (3., erw. Aufl.), Seite 195226