08.02.2001

§248 / Abs 34

Widerstandswoche 54

Internationale Proteste gegen die FPÖ am 3. Februar
Am Samstag den 3. Februar, ein Jahr nach der Angelobung der FPÖ/ÖVP-Koalition, demonstrierten in Wien 10.000 AntifaschistInnen gegen die schwarzblaue Bundesregierung. Dazu hatte ein breites Spektrum antifaschistischer Organisationen aufgerufen, das von grünen und sozialdemokratischen Organisationen über TrotzkistInnen und die KPÖ bis zu linksradikalen Gruppen reichte. Am selben Tag folgten antifaschistische Organisationen weltweit dem Aufruf in ihren Ländern ebenfalls gegen die Gefahr faschistischer Tendenzen in Österreich und Europa auf die Straße zu gehen. Zumindest in Berlin, London, Marseille, Oslo und Odensee (DK) kam es am gleichen Tag zu Protestaktionen gegen die österreichische Bundesregierung.
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MigrantInnenenorganisationen befürchten Ausländerwahlkampf in Wien
Die MigrantInnenorganisationen Wiens befürchten einen "Ausländerwahlkampf" der FPÖ. Sorgen bereiten den MigrantInnenorganisationen vor allem die Wahlkampf-Ansagen der FPÖ. "Aus den Ankündigungen der Spitzenkandidatin Helene Partik-Pable wird ganz klar, daß es wieder ein Ausländerwahlkampf wird", sagte Cornelia Kogoj von der Wiener "Initiative Minderheiten".
Vor dem Hintergrund des befürchteten "Ausländerwahlkampfes" der FPÖ haben sich deshab verschiedenste Antirassismusinitiativen und MigrantInnenorganisationen vom "Austrian Network Against Racism" (ANAR) über "echo" und "gettoattack" bis zur "Initiative Minderheiten" zusammengetan um unter dem Titel "Wiener Wahl Partie" (WPP) einen Wahlkampf gegen Rassismus zu führen.
Erklärtes Ziel der WPP ist es, die zweiten MigrantInnengeneration zum Wählen zu bewegen. Bratic: "Sie sollen zuerst einen Rassismus-Check der Parteien machen und dann ihre Stimme abgeben." Mit einer Plakataktion wird die WPP auf eine ihrer zentralen Forderungen, dem Wahlrecht für MigrantInnen, aufmerksam machen. Angesprochen sollen dabei auch jene werden, die erst seit kurzer Zeit in Österreich leben: "Mit Plakaten auf serbokroatisch und türkisch wollen wir eine Politisierung der Migranten erreichen", so Bratic vom ANAR.
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Haider: "In kranken Gehirnen einiger Leute entstanden"
Mit den Worten "Ich habe immer gewußt, daß das eine Sache ist, die in den kranken Gehirnen einiger Leute entstanden ist und daher in sich zusammenbrechen wird", reagierte der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider am Montag auf die Einstellung (wegen Verjährung!) der im Zuge der "Spitzelaffäre" gegen ihn und den früheren FP-Klubchef Ewald Stadler eingeleiteten Vorerhebungen.
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Causa Omofuma: Suspendierung gegen Polizisten aufgehoben
Die Suspendierungen gegen die drei in der Causa Omofuma belasteten Fremdenpolizisten wurden am Montag von der unabhängigen Disziplinarkommission aufgehoben, bestätigte Rudolf Gollia, der Sprecher des Generaldirektors für die öffentliche Sicherheit, Erik Buxbaum. Das Disziplinarverfahren gegen die Verdächtigen bleibe aber weiterhin aufrecht. Marcus Omofuma ist am 1. Mai 1999 bei seiner Abschiebung gestorben, nachdem ihn österreichische Beamte im Flugzeug gefesselt und Mund und Nase mit Klebstreifen zugepickt hatten.
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Termine:
Freitag, 23. Februar: FPÖ-Wahlkampfauftakt [!] in Oberlaa
Samstag, 24 Februar, 9 Uhr: Kundgebung gegen Pro Life vor der Klinik Mairo, 2., Große Sperlgasse 33

Ein Jahr ÖVP/FPÖ-Regierung ...

... hat gereicht, um sie an ihren Taten zu messen, wie Bundeskanzler Schüssel das zu Beginn seiner Amtszeit so eindringlich gefordert hatte.
Uns wundert es nicht, daß die Kritiker/innen recht behalten haben: Daß diese Regierung mit ihren Maßnahmen vor allem einkommensschwache belasten und ihre frauenfeindliche Gesinnung zum Ausdruck bringen würde. Eine Politik gegen "ausländische" Menschen machen würde.
Die ÖVP gibt heute unverhohlen zu, daß für sie ein Budget wichtiger ist als die soziale Sicherheit unterer und mittlerer Einkommensschichten. Mehr als das: Daß es genau jene sind, die dafür herhalten müssen, dieses Budget "sozial treffsicher zu konsolidieren". Wer damit getroffen wird, wissen Bartenstein, Grasser & Co. ganz genau.
Nur glauben die Freiheitlichen und die VP noch immer die Menschen für blöd verkaufen zu können. Während sie ihnen das Geld aus der Tasche ziehen, erklären sie ihnen damit einen Gefallen zu tun.
Als letzte Ausrede halten (kurioserweise auch bei der ÖVP) die Versäumnisse und Fehler der rot-schwarzen Regierung in der Budgetpolitik her. Wir sind es nicht, die das verteidigen, was heute "30 Jahre sozialistische Herrschaft" genannt wird. Nur, was meinen denn die blauen und schwarzen Kreuzritter, wenn sie dagegen ins Felde ziehen?

Die Volkspartei schafft die 2.Republik ab

Nach dem 2. Weltkrieg und dem nationalsozialistischen Regime war die Politik der beiden Großparteien SPÖ und ÖVP auf Kompromiß ("Konsens") ausgerichtet. Ideologische Gegensätze wurden beiseite geschoben, um die unangenehme Vergangenheit (Austrofaschismus, Nazizeit) vergessen zu machen. Beide Parteien haben sich den Staat aufgeteilt und waren tunlichst darauf bedacht, den jeweils anderen nicht zu sehr zu verschrecken.
Heute glaubt die ÖVP, daß es an der Zeit wäre, mit dem Konsens der 2. Republik ruhigen Blutes brechen zu können.
Die Nazizeit soll noch mit letzter Gewalt abgehakt und damit aus dem Gewissen gestrichen werden. So denkt man die noch lebenden Opfer der Nazis mit symbolischen Summen abzuspeisen. Um einen "Schlußstrich" zu ziehen wie es heißt. Damit soll die österreichische Regierung und Wirtschaft sich aus der Verantwortung stehlen können.
Die Sozialpartnerschaft erscheint der ÖVP nicht mehr nötig, die Gewerkschaften scheinen ohnedies zu schwach zu sein sich effektiv dagegen zu wehren.
Nun kann wieder reine Unternehmerpolitik gemacht werden. Und die FPÖ, die sich als Oppositionspartei noch mit der Kritik am "alten System" des rot-schwarzen Proporzes profilieren hat können, erweist sich als williger Vollstreckungsgehilfe.
Die ÖVP kann es sich im Moment erlauben, arrogant zu sein. Sie scheint laut Umfragen die Hauptprofiteurin zu sein. Die ÖVP hat sich entschieden, sie bricht mit dem "sozialen Frieden". Ein einseitiges Aufkündigen des Friedens. Die andere Seite, die SPÖ-Führung bleibt in Rat- und Orientierungslosigkeit zurück.

Humpidumpi geht alles gut?
Nur Schafe brauchen Führer

Das "kleine Mann"-Gerede der Freiheitlichen entblößt sich mehr und mehr als heiße Luft. Und der Ober-Robin Hood glaubt sich aus der Affäre ziehen zu können, wenn er sich in den Kärntner Wäldern versteckt, um von dort aus die Fäden zu ziehen.
Die FPÖ nimmt einen Teil jener Machtpositionen im Staat ein, die früher von der SP besetzt waren. Und macht für alle offensichtlich, daß es ihr seit jeher um die Macht gegangen ist. Wie Jörg Haider gedenkt mit dieser Macht umzugehen zeigt das Beispiel Kärnten. All jene, die er in bestimmte Positionen hievt sind im auf Gedeih und Verderb ausgeliefert (siehe z.B. Affäre um den Kärntner Kulturreferenten Stojan)
Das einzige, das der FPÖ ein wenig Kopfzerbrechen bereitet, ist, daß ihr lieber Koalitionspartner Wahlergebnis hin oder her mehr Macht hat.
Lange konnte sich die FPÖ der allgegenwärtigen "Ausländer"feindlichkeit bedienen, um ihre gesellschaftspolitischen Ziele zu vertuschen. Um ihren frustrierten WählerInnen ein Feindbild zu bieten, an dem sie sich abreagieren können.
Nachdem die FPÖ in ihrer einjährigen Regierungszeit bewiesen hat, was sie unter Politik für den kleinen Mann versteht, bleibt nur zu hoffen daß manche ihrer WählerInnen erkennen, mit fremden- und frauenfeindlicher Demagogie aufs Glatteis geführt worden zu sein.

Wie geht's weiter?

Solange die Menschen immer Schwächere suchen, auf die sie hinuntertreten können, werden sie sich nie dagegen wehren können, daß stärkere wiederum auf ihren Kopf steigen.
Wenn heute vom Wohle Österreichs, daß mit Sparmaßnahmen erreicht werden soll, gesprochen wird, dann meint das offensichtlich nicht das Wohl der unteren sozialen Schichten. Es meint Entrechtung der ArbeiterInnen, Frauen, Nicht-ÖsterreicherInnen, alten, armen, deklassierten und hilfsbedürftigen Menschen. Es soll das Klima der Konkurrenz in der Gesellschaft verschärfen. Und wer aufmuckt, kriegt die Gummiwurscht am Bluzer.
Das ist die eine Perspektive. Die der Regierenden und der Profiteure heutiger Zustände.
Die läßt sich aber nur durchsetzen, wenn wir alle jene, die darunter leiden, uns das gefallen lassen.


für diese Ausgabe verantwortlich:
Öklogische Linke und Revolutionsbräuhof