§248 / Abs 53
Widerstandswoche 87
Gestorben im Gefängnis
In der letzten Augustwoche ist ein Untersuchungshäftling in der Justizanstalt Wien/ Josefstadt ums Leben gekommen. Seither verweigert die Justizanstalt fast jegliche Information. Einzig die Herkunft des Toten aus Afrika, nicht einmal aber woher genau, durfte die Öffentlichkeit erfahren.
Anfragen bzgl zb der Todesursache nehmen Justizanstalt und -ministerium sicher gerne entgegen (Adr., Fax- und Tel.nummern zb beim Tatblatt).
# Bülent Öztoplu weiter in Haft
Der Geschäftsführer vom Verein Echo und Menschenrechtsbeirat wurde am 11. September vorgeblich wegen einem ihm zur Last gelegten tätlichen Angriff auf einen deutschen Polizeibeamten vor immerhin 17 Jahren verhaftet. Die Verhaftung erfolgte durch fünf Zivilpolizisten (einer davon mit gezogener Waffe) im Echo-Raum kurz vor einem mit einem angeblichen Krone-Journalisten vereinbarten Interviewtermin und ohne vorgelegtem Haftbefehl. Scheinbar hatte sich ein Polizist als Krone-Journalist ausgegeben, um Bülent zur Verhaftung in den Echo-Raum zu bestellen.
Bülent wird zur Zeit in der Justizanstalt Josefstadt festgehalten.
Infos: www.echo.non.at
# Fingerabdrücke von AsylwerberInnen
... sollen demnext schengenweit verpflichtend erfasst werden. Überwachen ist nunmal sehr sehr wichtig.
# Genua/ VolxTheaterKarawane
Nach wie vor sitzen vier Leute im Gefängnis Marassi nahe Genua. Weitere vier Personen werden mittels Hausarrest festgehalten. Zudem gab es vergangene Woche italienweit an die 120 Razzien mit ca. 60 Festnahmen (wegen diversen großteils schwerwiegenden Vorwürfen, etwa zugehörigkeit zu einer kriminellen vereinigung). Auch diese Woche gab es bereits Durchsuchungen und Festnahmen.
Bei der Karawane wurde letzte Woche immerhin eines von fünf beschlagnahmten Fahrzeugen herausgegeben. Allerdings wurden die meisten darin befindlichen Gegenstände weiterhin mit Beschlag belegt, darunter auch vorhandene Kleidung (alles bis auf Socken und Unterwäsche). Verschwunden ist allerdings das Autoradio (steht nicht auf der Liste beschlagnahmter Gegenstände). Bereits zuvor muß aus einem weiteren Fahrzeug zumindest eine Bankomatkarte verschwunden sein: Immerhin wurden vom zugehörigen Konto zwischenzeitlich unbekannterweise rund ös 16000,- behoben.
Infos: www.no-racism.net/nobordertour
# ÖGB Urabstimmung
Rundum diese Mitgliedsbefragung des ÖGB wird einmal mehr deutlich, was SchwarzBlau von gewerkschaftlicher Organisierung halten. Der Minister für Arbeit und Wirtschaft Bartenstein durfte sogar von einem Anschlag auf den Standort Österreich sprechen. Quasi angesichts der Wirtschaftslage von gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen zu sprechen, sei schwer daneben.
Von dem abgesehen ist schon die Frage, was mensch von einer Gewerkschaft halten soll, die gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen zur Zeit offensichtlich nicht als Möglichkeit des Handelns sieht, sondern sogar ihre Mitglieder fragt, ob dies in Zukunft eine Möglichkeit wäre.
# Subventionsentzug, nächste Folge
Nunmehr sind also auch größere Institutionen betroffen. Diesmal: das Wiener Künstlerhaus. Einmal mehr versucht die Regierung, finanzielle Forderungen für Kultur und Kunst an untergeordnete Finanzquellen (in dem Fall die Stadt Wien) zu delegieren. Schließlich ist das Künstlerhaus nicht gerade für schwarzblaue Unterstützung bekannt.
Von dem abgesehen, sollten sich Kunst und Kultur ja selbst finanzieren ...
# Studiengebühren. Studiensponsering
Fürs erste sind diese nunmehr wohl durchgesetzt. Ab jetzt haben StudentInnen 5000,- oder 10000,- in Schilling zu bezahlen, sollten sie sich ein Studium leisten wollen oder können. Für bestimmte Studienrichtungen werden diese Beiträge allerdings schon jetzt von ebenso bestimmten Wirtschaftseinrichtungen übernommen. Schließlich läßt sich zielgerichtete Forschung schwerlich billiger erkaufen.
Abhilfe sollten auch diverse Banken schaffen - durch Darlehen, welche ein Weiterstudieren "ermöglichen" sollten. Selbstverständlich geht nix ohne Garantie, weswegen schon jetzt etlichen nichtösterreichischen StudentInnen ein Weiterstudieren auch auf diesem Wege verunmöglicht wird.
Fast nebenbei geht die schwarzblaue "Entwicklung" österreichischer Uni's munter weiter. Studentische Mitbestimmung etwa mag Gehrer ersteren zuliebe so bald es geht einsparen. Die damit verbundene Arbeit könne mensch Studentinnen nicht weiterhin zumuten. usw.
GEGEN KRIEG
Am Tag des Bekanntwerdens von NATO-Angriffen:
Anti-Kriegs-Demo spätestens 17h30 am Stephansplatz
Anmerkungen zu den Attentaten vom 11.9.2001
Sicher ist, daß es einen militärischen Schlag der USA mit (zum Großteil passiver) Unterstützung fast aller Staaten der Welt geben wird. Es wird sich wahrscheinlich um Kommandoaktionen kombiniert mit Bombardements handeln und es ist unzweifelhaft, daß der Westen "gewinnen" wird. Dieser Sieg wird aber ein Sieg sein, der zukünftige Konflikte verschärft oder erst produziert. Das Ergebnis ist eine dauerhafte Verwicklung westlicher Streitkräfte in kleinen Scharmützeln auf der ganzen Welt und eine Zunahme des Terrorismus. Die "Lösung" eines Problems wird jeweils dutzende neue schaffen. Es wird immer das Gegenteil passieren, was die Rethorik und der Medienchor behauptet - Jugoslawien läßt grüßen. (Trotz aller gegenteiligen Rethorik hat der Westen die ethnische Fragmentierung beschleunigt, jetzt wird gerade Mazedonien, der vorletzte multinationale Staat aus den ehemaligen Jugoslawien durch westliche Intervention ethnisch geteilt. Der letzte multiethnische Staat bleibt noch Jugoslawien mit Serbien und Montenegro.) Der Feind des Empire, die aktuelle Herrschaftsform des Kapitalismus, ist das Empire selbst, soziale Bewegungen werden integriert und in nationale umgewandelt, bevor sie zu Feindbildern aufgebaut werden, die "bösesten" Feinde des Westens wurden und werden vom Westen ausgebildet, finanziert und unterstützt.
Die Anschläge vom 11.9. werden eine Entwicklung in eine bestimmte Form der Machtausübung beschleunigen. Überall auf der Welt werden internationale Truppen für Polizeiaktionen stationiert werden, wobei das nicht notwenigerweise die USA oder die Nato sein müssen, es kann sich auch um andere multinationale Institutionen wie die UNO oder die OSZE handeln. Der Unterschied zu früher wird sein, daß die Scharmützel häufiger werden und sich über die ganze Welt verteilen. Dieser Terroranschlag hat gezeigt, daß auch die Metropolen in Zukunft nicht sicher sein werden (auch wenn die Reichen, die sich immer mehr einmauern, immer weniger betroffen sein werden als große Teile der anderen Bevölkerung, der Anschlag auf das World Trade Center war bloß eine Ausnahme). Im Empire werden wir in eine Situation kommen, wo immer "Frieden" herrscht, wo es aber keinen Tag ohne Krieg an irgendeinem Ende der Welt geben wird, wo SoldatInnen aller Bevölkerungen, eben auch der Metropolen beteiligt sein werden. Es wird kein feindliches Territorium mehr geben, aber zugleich wird die ganze Welt zu einem feindlichem Territorium, wo TerroristInnen jederzeit zuschlagen können. Das könnte dann der teilweise zitierte "dritte Weltkrieg" sein.
Das heißt mehr Überwachungsstaat, mehr Feindbilder, antiarabischer, antimuslimischer Rassismus und mehr Antisemitismus (vgl. Kronenzeitung: geschieht denen an der Ostküste schon zurecht) und mehr Akzeptanz polizeilicher und militärischer Brutalitäten. Österreich bekommt jetzt neue Abfangjäger zum Abschießen von Zivilflugzeugen.
Kurzfristig ist es notwendig, gegen die Kriegsmaßnahmen Opposition zu zeigen, sich nicht in das Gut-Böse-Schema drängen zu lassen. Antiamerikanische Ressentiments begeben sich auf die gleiche Ebene der Feindbilder wie die Bushadministration und verdecken das kapitalistische Herrschaftsverhältnis hinter den unbewußt positiv gesehenen Europäern (Deutschen). Das Empire ist weltweit und nicht die USA.
Längerfristig müssen die Auseinandersetzungen außerhalb des Krieges geführt werden, das ist einerseits weiter gegen den Krieg, andererseits auf der Ebene der Vielfalt der Bedürfnisse der Bevölkerungen (der Multitude) weltweit. Die Angst und die Vereinheitlichung durch den Krieg dürfen nicht zur Lähmung in den sozialen Auseinandersetzungen führen, die z.B. in Österreich im Herbst anstehen, ob es um Arbeitsbedingungen geht, um Terror gegen Erwerbslose, Studiengebühren etc. Es sollte doch möglich sein mit den antikapitalistischen Elementen der Bewegungen von Seattle bis Genua, von Bangalore bis Cochabamba zu einem neuen Internationalismus zu kommen. "Frieden und Brot" waren die Parolen der revolutionären Bewegungen im ersten Weltkrieg.
In den USA haben bereits erste Demonstrationen gegen die zu erwartenden Interventionen stattgefunden und es haben sich Anti-Kriegs-Koalitionen unter den folgenden Forderungen zusammengefunden:
The Anti-War Coalition's "Three Points of Unity": 1. Stop the War. 2. Stop Racist Scapegoating - Defend Arab, Muslim and Middle Eastern Communities. 3. Defend Civil Liberties
Für Österreich müßten diese Forderungen modifiziert werden:
1. Stoppt den Krieg.
2. Gegen rassistische und antisemische Feindbilder. (Nicht nur in der Kronenzeitung wird dieser Antisemitismus reproduziert, sondern auch in der Bevölkerung ist die Meinung verbreitet, daß ja eigentlich "die Juden" schuld seien, ganz abgesehen von den untergründigen und manchmal offen aufbrechenden Antisemitismen in der Linken)
3. Gegen die Einschränkung der Bürgerrechte, gegen den Überwachungsstaat.