11.10.2001

§248 / Abs 54

Widerstandswoche 89

Neonazi-Prozess I:
Dürr rechtskräftig verurteilt
Der burgenländische Rechtsextremist und vormalige FPÖ-Politiker Robert Dürr ist nun rechtskräftig nach dem NS-Verbotsgesetz verurteilt. Eine Nichtigkeitsbeschwerde Dürrs nach dem Urteil in erster Instanz vom November 2000 wurde vom Obersten Gerichtshof zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Wien hat jedoch das Strafausmaß von drei auf zwei Jahre Haft, davon sechs Monate unbedingt, reduziert. Dürr, der seine Aktivitäten auch nach dem Prozess ungebrochen fortsetzte, hat die Aufforderung zum Strafantritt bereits erhalten.
(www.doew.at)

Neonazi-Prozess II:
Reinthaler beschuldigt
Der "Gaubeauftragte für Salzburg und Oberösterreich" Günther Reinthaler muss sich nach seiner Festnahme am Flughafen (aus Spanien kommend) wieder einmal wegen Wiederbetätigung vor Gericht verantworten. Er stehe zu seiner nationalen Gesinnung, sagte der in Trachtenlederhose erschienene Reinthaler, seine NS-Devotionalien und Bücher seine allerdings nur zum Privatgebrauch und seine regen Kontakte zu Neonazis im In- und Ausland seien rein private Freundschaftspflege. (www.orf.at)

"Integrationsvertrag" beschlossen, Integrationshaus auf dem Trockenen
Im Vergleich mit anderen EU-Ländern haben MigrantInnen in Österreich jetzt schon weniger soziale und politische Rechte, einen schwierigeren Zugang zu Arbeit und mehr Hürden beim erwerb der Staatsbürgerschaft (Studie des europäischen Zentrums für Sozialforschung und IHS. vgl. Profil) Während FPÖVP den noch mehr Schwierigkeiten bringenden "Integrationsvertrag" beschließt, wird ein schon länger existierendes Integrationsprojekt ausgehungert: Das Wiener "Integrationshaus" soll künftig keine Subventionen des Arbeitsmarktservices mehr erhalten. 106 Menschen, vor allem Flüchtlinge und Asylwerber, wohnen derzeit in dem Haus. (www.derstandard.at)

Verhöre und Anzeigen
als Folge der Anti-WEF-Demo am 1.7.in Salzburg
Im Zuge der erkennungsdienstlichen Behandlungen nach Auflösung des Kessels am 1.7. wurden auch 50 Personen kurdisch/türkischer Organisationen aufgeschrieben und abgefilmt. 2 1/2 Monate später wurden an drei aufeinanderfolgenden Tagen in Innsbruck 3 dieser Personen festgenommen und 4 Stunden lang verhört. Diesen Personen wurden bereits Strafanzeigen angedroht bzw. zugestellt. Nun ist zu befürchten, dass weiteren Aktivistinnen in ganz Österreich das gleiche Verfahren droht. (mund)

St.Pölten wählt rot
Die SPÖ hat am Sonntag bei der Gemeinderatswahl in der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten trotz leichter Verluste die seit 1965 bestehende absolute Mehrheit erwartungsgemäß behauptet. Klarer Verlierer der Wahl ist die FPÖ, die nach einem Minus von mehr als fünf Prozentpunkten sogar von den Grünen überholt wurde. Kräftige Gewinne verzeichnete neben den Grünen vor allem die ÖVP. (www.derstandard.at)

Kronen Zeitung immer unverhohlener
Am Sonntag verzichtete die Krone auf antisemitische Codes ("Ostküste") - Seinitz und Janitschek kamen gleich direkt zur Sache: Hat sich Scharon mit Bush angelegt in der Annahme, dass die mächtige "jüdische Lobby" in den USA hinter ihm steht? Er könnte sich täuschen. Erste Umfragen zeigen: Der Krach hat das Lager der fünf Millionen Juden Amerikas gespalten. Die einflussreichsten Organisationen der "Jewish Lobby" bekunden Präsident Bush ihr Vertrauen, "dass unter Amerikas Führung auch Israel einer sicheren Zukunft entgegengeht". Hingegen die stramme "New York Post": "Wir dürfen nicht zulassen, dass Bush unseren verlässlichsten Verbündeten im Nahen Osten im Stich lässt."

Bischof Kurt Krenn - Rülpser
Der St. Pöltner Bischof Kurt Krenn übt in einem Interview mit "Format" scharfe Kritik am Islam. Dieser sei geprägt von "einem gewissen Fanatismus und Nationalismus" und "widerspricht den Menschenrechten". Man dürfe eine "echte Auseinandersetzung nicht scheuen." Vom Staat erwartet der Bischof eine Überwachung des Islam, da dieser ein politisches Problem sei: "Man kann nicht sagen, nur weil das eine andere Religion ist, dürfen wir sie nicht beobachten". In der Auseinandersetzung der katholischen Kirche mit dem Islam ortet Krenn ein Fehldenken: "Wenn man über den Islam redet, meint man immer, das wäre eine ökumenische Frage. Aber das ist es nicht. Der Islam ist eine politische Religion und damit auch eine politische Frage - und der hat sich bei uns niemand recht gestellt." Die Auseinandersetzung mit dem Islam brauche das Christentum nicht zu scheuen, denn, so Krenn: "Vor allem müssen wir sagen - und das sage ich sehr überzeugt - dass wir Christen das bessere Maß der Humanität haben." (www.orf.at)

Stadler-Rülpser
Neo-Volksanwalt und Burschenschafter Ewald Stadler (FP) teilt Saddam Husseins Ansicht, der Terror in den USA sei eine "Folge der zionistischen Politik der USA". (Profil)

Umfrage: Mehrheit gegen Fingerprints
"In den letzten Tagen ist viel über Terrorbekämpfung und Sicherheitsmaßnahmen gesprochen worden. Es wurde in diesem Zusammenhang gesagt, dass es für die Sicherheit wichtig wäre, dass die Behörden von allen in Österreich lebenden Personen Fingerabdrücke abnehmen und speichern. Halten Sie das für eine grundsätzlich eher vernünftige Maßnahme, oder glauben Sie, dass das eher keine vernünftige Maßnahme ist?" 53 Prozent halten den Vorschlag von FPÖ-Klubchef Peter Westenthaler für nicht zweckmäßig. Dem stehen 43 Prozent gegenüber, die den Vorschlag begrüßen. Die Befürworter sind überwiegend weiblich und jung. Auch die FPÖ-Anhängerschaft steht in hohem Maße hinter Westenthalers Idee. Die stärkste Ablehnung gibt es unter Grünen und unter der in Grundsatzfragen besonders sensiblen höchsten Bildungsschicht. (market-Umfrage für den standard)

Ulrichsberg 2001
Unter den Festgästen des diesjährigen Ulrichsberg-Treffens am Sonntag befanden sich auch Sozialminister Herbert Haupt (FPÖ), Erster Landeshauptmann-Stellvertreter Karl Pfeifenberger (FPÖ) als höchster Repräsentant des Landes und der Klagenfurter Bürgermeister Harald Scheucher (ÖVV). Jörg Haider war nicht anwesend. "Es hat keinerlei wie immer gearteten Zwischenfälle gegeben", sagte der Leiter der Staatspolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Klagenfurt, Helmut Mayer, in einer ersten Bilanz. Es sei weder zu Störversuchen gekommen, noch seien verbotene Abzeichen entdeckt worden. Zu Ehren der Opfer von New York und Washington wurde auch eine Gedenkminute abgehalten. Festredner war heuer der Direktor des deutschen Bundesrates und ehemalige Kultusminister von Niedersachsen, Georg-Berndt Oschatz (CDU). Er plädierte für eine ehrliche Geschichtsbetrachtung und wandte sich gegen pauschale Verurteilungen. Jedes Volk werde nur dann zu einer Nation, wenn es sich den guten und bösen Teilen seiner Geschichte stellt. Auf beides zurückzublicken, müsse erlaubt sein. (APA)

Friedhofschändung in Linz
Ein Muslim hat am Samstagnachmittag 28 beschädigte islamische Gräber am Linzer Stadtfriedhof entdeckt. Insgesamt befinden sich im islamischen Teil des Stadtfriedhofes 150 bis 200 Gräber. Unbekannte Täter hatten die - zum Teil einbetonierten - Grabsteine mit den Händen aus der Verankerung gerissen, waren mit Füßen dagegengesprungen und hatten Holzteile ausgerissen. (www.derstandard.at)

Weitere Verzögerungen in der Spitzelaffäre
Ex-FP-Gewerkschafter und Ex-Polizist Josef Kleindienst wurde ein Jahr nach Erscheinen seines Aufdecker-Buches "Ich gestehe" noch immer nicht einvernommen. Kein Ende der Vorerhebungen ist in Sicht - in zehn Fällen laufen noch Ermittlungen. Die Vorwürfe, FPÖ-Funktionäre hätten sich illegal Daten aus dem Polizeicomputer besorgt, lösten die so genannte Spitzelaffäre aus: Vorerhebungen gegen den Kärntner Landeshauptmann Haider, den niederösterreichischen Landesrat Ewald Stadler (FPÖ) und den Wiener FPÖ-Obmann Hilmar Kabas sowie weitere freiheitliche Politiker und zahlreiche Polizisten wurden in die Wege geleitet. Allein in Wien waren 21 gerichtliche Vorerhebungen anhängig. Davon sind elf mittlerweile eingestellt worden, darunter jene gegen Jörg Haider und Ewald Stadler. Begründung: Die gegen diese gerichteten Behauptungen hätten sich als unrichtig erwiesen bzw. seien die womöglich strafrechtlich relevanten Fakten längst verjährt. In zehn Fällen ist dagegen noch offen, ob die Staatsanwaltschaft Anklage erheben wird. Kleindienst, der gleichzeitig als Tatverdächtiger gilt und als Zeuge geführt wird, konnte bis jetzt nicht von der U-Richterin einvernommen werden: Fünf zum Teil sehr einflussreiche FP-Politiker haben gegen ihn Ehrenbeleidigungsklagen und einstweilige Verfügungen eingebracht, mit denen ihm untersagt werden soll, seine in Buchform und vor der Polizei getätigten Vorwürfe zu wiederholen. Noch unklar ist, ob sich Hilmar Kabas - gegen ihn gab es lediglich in einem Teilbereich Einstellungen -, der Wiener FP-Sicherheitssprecher Michael Kreißl, der Leibwächter von Jörg Haider, Horst Binder, Josef Kleindienst sowie sechs Wiener Polizeibeamte - die zum Teil nach wie vor vom Dienst suspendiert sind - vor Gericht verantworten werden müssen. (APA)


Internationaler noborder-Aktionstag:
13. Oktober 2001
NO BORDER - NO ONE IS ILLEGAL
SCHUBHAFT ABSCHAFFEN!

Treffpunkte:
LINZ 12h Domplatz
SALZBURG 18h Alter Markt
WIEN 13h 16.,Yppenplatz

Am 13. Oktober 2001 finden in verschiedenen Städten und Ländern Aktionen, die das Recht auf Bewegungsfreiheit einfordern, statt. In Paris, Frankfurt, Barcelona, Madrid, Malaga, London, Wien werden an diesem Tag Aktionen organisiert.

Freedom of Movement war das Motto für transnationale Bewegungen im Sommer 2001. Im Rahmen des noborder-Netzwerks wurden Grenzcamps und Karawanen organisiert. Grenzcamps in Tarifa/ Spanien, Lendava/ Slowenien, Bialystok/ Polen und Frankfurt/ Deutschland, Tijuana/ Mexico und die VolxTheaterKarawane. Das noborder-Netzwerk versucht nachhaltige Verbindungen zu schaffen. Zwischen AktivistInnen und TheoretikerInnen, zwischen "politischen" und "künstlerischen" Individuen, vor allem aber über die Grenzen hinweg. Am 7. Juli 2001 versuchte noborder.org weltweite Widerstandsaktivitäten gegen Rassismen und Grenzen durch einen videolivestream zu dokumentieren und zu verbinden (www.noborder.org). Damit sollte die Vernetzung von Grenzcamps gegen Abschiebungen und Schubhaft sichtbar gemacht werden. 6 Orte in Europa, Mexico und Australien waren Teil dieses Medienevents.

Mindestens 19 Menschen sind im letzten halben Jahr am österreichischen Teil der Schengen-Außengrenzen ums Leben gekommen. Die Festung Europa mit ihrer spezifisch rassistischen Ausprägung in Österreich fordert immer wieder tote MigrantInnen. Am 5. August sprang der 19-jährige nigerianische Staatsbürger Johnson Okpara während eines Verhörs aus einem Fenster des zweiten Stocks im Wiener Jugendgericht. Er erlag seinen schweren Verletzungen wenig später im Wiener AKH.
Seit 1993 sind mehr als 2000 Menschen bei dem Versuch, die Schengengrenze zu überwinden ums Leben gekommen. Gleichzeitig nimmt das Geschäft mit den Abschiebungen weiter zu. Fluglinien, Reisebüros, Bahn- und Busunternehmen verdienen eifrig an den Aufträgen durch den Staat.

Am 2. Oktober 2001 wurde der sogenannte "Integrationsvertrag" ohne größeren Widerstand von der schwarz/blauen Regierung beschlossen. Dieser einseitige "Vertrag" sieht neue Pflichten für Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft vor. Bei Nichterfüllung des "Vertrages" gibt es seitens der Behörden Sanktionsmöglichkeiten, die bis zu einer Ausweisung von "nicht Integrationswilligen" gehen können. Die Praxis der rassistischen "AusländerInnenpolitik" verschärft sich also weiter. Ein Grund mehr für den noborder-Aktionstag.

Für 13. Oktober 2001 ruft das noborder-Netzwerk zum internationalen Aktionstag auf.
Viele Aktionen haben bisher gezeigt, dass der reibungslose Ablauf von Deportationen nicht funktioniert, wenn Menschen versuchen die staatliche Maschinerie zu behindern. Immer öfter kommt es vor, dass z.B. Passagiere den Flug verweigern, wenn in ihrer Maschine ein Mensch deportiert wird.
Vernetzter Aktionismus ist in der Lage in den öffentlichen Raum zu intervenieren und damit störend in die rassistische Maschinerie einzugreifen.

Für eine Welt ohne Rassimus

zum weiterlesen
www.no-racism.net
www.noborder.org
www.indymedia.org
www.tatblatt.net
www.aktivgegenabschiebung.de
www.dir-info.de/nachrichten


ASYL für Kriegsflüchtlinge!

Während England und USA Afghanistan bombardieren, läßt (nicht nur) Österreichs Konsulat in Pakistan AsylwerberInnen aus Afghanistan von der dortigen Polizei verprügeln.

Zumindest für Leute aus Afghanistan: ASYL JETZT!