Mit Sicherheit sterben ...
Ein paar antimilitaristische Gedanken
Als 1991 das Bundesheer an der Grenze zu Jugoslawien/Slowenien auffuhr, um die militärische Stärke Österreichs zu demonstrieren, wurde es von der dortigen Bevölkerung als Beschützer gefeiert.
Warum?
Das Kriegsrisiko steigt, wenn Militär irgendwo auffährt. Ein Panzer, der neben einem Wohnhaus aufgestellt wird, macht dieses Haus auch zum militärischen Ziel. Ebenso erhöht die Armee, die auf der Grenze auffährt die Wahrscheinlichkeit kriegerischer Auseinandersetzungen.
Die klassischen Argumente der Militärbefürworter sind leicht zu entkräften.
Das Militär war, kann und wird nie den Bedürfnissen der Menschen nach körperlicher, wirtschaftlicher Unversehrtheit und Sicherheit gerecht werden. Weil es auch gar nicht der Zweck des Militärs ist.
Vielmehr ist es - auch ohne Krieg - ein Instrument der Aufrechterhaltung der herrschenden Ordnung, der Hierarchisierung, Willensbrechung, des Machismus, Bindung finanzieller Mittel, der Militarisierung und Brutalisierung der Gesellschaft.
"Das Militär schützt die Zivilbevölkerung." heißt es. Tatsache ist, das in heutigen Kriegen der überwiegende Teil der Opfer (2. Weltkrieg: 90%) ZivilistInnen sind, eben jene, die das Militär vorgibt zu beschützen!
Die wesentliche zweite Aufgabe des Militärs, neben der militärischen Aggression nach "außen", ist die "Verteidigung nach innen". Gegen oppositionelle Bewegungen, wie z. B. die Niederschlagung des ArbeiterInnenaufstands gegen den Austrofaschismus 1934.
Das heißt, eine Armee hat auch den Zweck ihre Aggression gegebenenfalls gegen die Bevölkerung des eigenen Staates zu richten (und das trifft so gut wie immer auch "Unbeteiligte"). In Österreich hat der "Verteidigungscharakter" der Militärs immer sehr stark betont werden müssen, hatte doch das Bundesheer in Zeiten des Kalten Krieges vor allem eine Defensivfunktion. Was realmilitärisch zwar nie so recht existiert hat, jedoch Rechtfertigungsgrund des Militärs und lange Zeit Bestandteil österreichischen "Selbstverständnises" war, sollte damit angeblich auch verteidigt werden: Die Neutralität.
Gerade die Periode des Kalten Krieges ließ das österreichische Militärwesen als verzichtbaren Bestandteil erscheinen, wollte doch niemand so recht an dessen Durchschlagskraft glauben. Dieses Argument kam aber vielen Militärs gar nicht mal so ungelegen. Erstens konnte man immer mehr finanzielle Mittel fordern und zweitens war damit trotz Neutralität schnell der Konsens herstellbar, daß Österreich und die NATO gemeinsame Sache machen müßten, wenn der "Ruß' kommt".
Die mittlerweile mehrfach bewiesenen Neutralitätsverletzungen reichen von Durchfahrts- und Überflugsgenehmigungen für kriegsführende NATO-Truppen bis hin zu aktiver und offensiver Spionage des Heeresnachrichtendienstes für die NATO. Dies war insofern schon seit Jahrzehnten miteinkalkuliert worden, als daß Abhörstationen in Österreich, welche bis weit in die Sowjetunion horchten, von US-Militärs finanziert und aufgebaut worden waren. Dadurch ergab sich für den Heeresnachrichtendienst eine Datenfülle, auch Daten von möglichen Angriffszielen, die teilweise unausgewertet an den Bundesnachrichtendienst der BRD, also ein NATO-Mitglied, weitergegeben wurden (siehe: Verheerend).
Auch die offizielle Militärdoktrin des österreichischen Bundesheers war Jahrzehnte darauf ausgerichtet, einem möglichen Feind aus dem Osten erbitterten Widerstand entgegenzustellen, so daß die NATO genug Zeit zum Gegenschlag hat (Schwert und Schild-Strategie). Zwar wurde diese zeitweilig durch die sogenannte "Spanocchidoktrin" abgelöst, welche auf den ersten Blick weniger NATO-konform erscheint. Bis heute träumen, planen und üben die österreichischen Militärs jedoch die "große Schlacht im Donauraum". Eine vermutlich blutige Verzögerungsschlacht, die dem großen Bruder NATO ein paar Tage den Rücken freihalten soll.
Ungeliebtes Staatsdogma:
Heute wird völlig ungehemmt über NATO-Konformität gesprochen. Für die Regierung ist es nur mehr eine Frage der Zeit, wann der NATO-Beitritt ganz offiziell vollzogen werden soll.
Konkret bedeutet das: Neuanschaffungen von milliardenschweren NATO-konformen Kriegsgerät, mehr Auslandseinsätze, 2000 Mann für eine internationale Eingreiftruppe - das heißt wahrscheinlich auch direkte Teilnahme österreichischer Soldaten an Kampfhandlungen. Mit all den damit verbundenem menschlichen Leid und Verschwendung für mörderische Zwecke.
Nebenbei wurde spätestens durch das Militärbefugnisgesetz die innenpolitische Repressions- und Überwachungsfunktion des BH und seiner Geheimdienste neu definiert
(Für Interessierte: www.Parlament.gv.at, Parlamentarische Materialien, XXI. GP Nationalrat, Schlagwort: Landesverteidigung, Regierungsvorlagen)
Der Einsatz in polizeilichen Aufgabengebieten (Flüchtlingsjagd an der Grenze) gehört heute schon zur Normalität.
Berufsbild Mörder?
Gerade in Hinblick auf mögliche innenpolitische Konflikte ist das um so bedrohlicher, wenn über die Einführung eines Berufsheeres diskutiert wird. Mittlerweile wird diese Option auch schon von einigen WehrdienstgegnerInnen ins Auge gefaßt, schließlich müßten dann die jungen Männer nimmer zum Bundesheer. Daß das Militär das gefährlichste und undemokratischeste Instrument des Staates ist, und als Söldnerheer noch leichter für politische Machenschaften dienstbar zu machen wäre, wird dabei in Kauf genommen.
Die Einführung eines Berufsheeres wäre kein Erfolg sondern die Niederlage schlechthin für den Antimilitarismus in Österreich.
Binsenweisheiten oder Wie ein Krieg entsteht
Kriege haben schon viele reale und scheinbare Gründe gehabt. "Befreiung", "Verteidigung", Vernichtung ... sogar wegen eines Fußballspieles wurde ein Krieg geführt. Und jeder Krieg wurde bislang davon genährt, wenn nicht begonnen, weil sich einflußreiche Leute ökonomische Vorteile erhoffen.
Die modernen Kriege wurden vorbereitet, indem Nationalismus bewußt geschürt und propagiert wurde. Einem bestimmten Staat (Volk oder einer Staatengemeinschaft) wird eine historische Rolle zugeschrieben. "Die Beschützer der Demokratie, (der Humanität, des Islam, ...)" müßten nun einen besonders verachtenswerten und für die ganze Welt gefährlichen Feind niederschlagen und geben damit den Untertanen der kriegsführenden Nation das Gefühl etwas Besonderes zu sein.
Die Gefährlichkeit und Schlechtigkeit des Gegners muß dabei so drastisch geschildert werden, daß die Bevölkerung einer Militäraktion zustimmt, im Idealfall selbst herbeiwünscht. Reales, oft auch inszeniertes Elend (Flüchtlinge, Hunger, Vertreibung ...) wird dabei propagandistisch für die eigene Seite eingesetzt (selbst wenn die "eigene" Kriegspartei hierbei Mitverantwortung trägt), um die Grausamkeit des Gegner zu beweisen und nebenbei Ängste zu schüren, mensch könnte selbst von diesem Elend betroffen sein. Sei es nur durch den Umstand, daß Flüchtlinge ins "eigene" Land kämen.
Die Gesellschaft wird via Medien in einen permanenten Aggressionszustand versetzt. Militärische Gewalt wird so mehr und mehr akzeptabel, kollektive Ängste und Aggressionen werden kanalisiert und auf einen äußeren Feind projeziert. Gierig sitzen die Menschen vor den Fernsehern um zu sehen, wie die "eigenen" Bomben den Feind zerschmettern. Gerade der Golfkrieg, und noch mehr der Krieg gegen Jugoslawien haben gezeigt, daß selbst ein kleines Land, dessen Armee ursprünglich defensive Aufgaben hatte, an internationalen militärischen Aggressionen Anteil haben kann. So hat Österreich im Jugoslawienkonflikt nicht nur eine fragwürdige Außenpolitik betrieben, die entscheidend zur Eskalation beigetragen hat. Es hat auch immer eindeutig militärisch Partei ergriffen. Mit Durchfahrtsgenehmigungen für Nato-Kriegsmaterial, Militärspionage für die NATO und Anteilnahme an der der KFOR- und IFOR-Okkupationstruppe.
Eben dieser Jugoslawien Konflikt war es, an dem Österreich endgültig und für die ganze Welt sichtbar seine "Unschuld", sprich: die Neutralität, verlor.
Beispiel Jugoslawien:
Bereits bei der Abspaltung Sloweniens von der damals noch bestehenden Sozialistischen Föderation Jugoslawiens hat Österreich mit der Anerkennung für eine kriegsführende Seite Partei ergriffen. Dies bedeutete nicht nur einen Neutralitäts- und Völkerrechtsbruch, sondern brachte vielmehr die Situation in Jugoslawien zur Eskalation. Den einzelnen Teilrepubliken wurde signalisiert, daß ein bewaffneter Kampf gegen die jugoslawische Bundesarmee von den westeuropäischen Staaten unterstützt würde. So folgten blutige Kriege in Slawonien (größtenteils serbischsprachiger Teil Kroatiens) und Bosnien/Herzegowina. In letzteren Konflikt griff die NATO und ihr nahestehende Staaten aktiv ein. Zuerst wurde bombardiert, später das Land durch Truppen besetzt. Ähnlich wurde der Konflikt im Kosovo zur Eskalation gebracht. Der UCK (kosovaalbanische Befreiungsarmee) wurde mitATO den Verträgen von Dayton deutlich signalisiert, sie müsse die jugoslawische Armee zu bewaffneten Auseinandersetzungen provozieren um sich militärischer Hilfe der Nato sicher sein zu können. (siehe: Balkankrieg).
Zweifelsohne wurden dieser Kriege auch von Belgrad aus geführt. Das bisherige Regime Jugoslawiens lebte ja gerade davon, ständig Krieg gegen äußere Feinde führen "zu müssen".
Eben das nahmen die westeuropäischen Militärs in Kauf. Jedem mußte klar sein, daß NATO-Bomben weder Frieden, noch Demokratie noch Selbstbestimmung nach Jugoslawien bringen würden. Das machen die dortlebenden Menschen am besten selber.
Bomben sind Bomben und sind dazu da, Menschen zu töten. Sonst nichts.
Die Militarisierung der Köpfe
Der Jugoslawienkrieg war für das restliche Europa in erster Linie ein Medienkrieg. Im Gegensatz zu den zahlreichen Kriegen in der sogenannten Dritten Welt, die obwohl sie oft noch brutaler, massiver und länger geführt werden kaum Beachtung finden, wurden über Jugoslawien tagtäglich neue Berichte über Greueltaten der Feinde, Elend der Betroffenen und stählerne Superwaffen der "eigenen" gezeigt.
Nahezu jede/r, gleich welcher politischen Richtung, sah sich genötigt, für eine Seite Stellung zu beziehen. Die Logik des Krieges hat auch von den österreichischen Köpfen Besitz ergriffen. Der Großteil gierte danach, den "völkervertreibenden, vergewaltigenden und mordenden Serben" möglichst viele Bomben auf den Kopf zu werfen. Daß sich viele der vermeintlichen Greuelmeldungen, mit denen der NATO-Einsatz gerechtfertigt wurde, im Nachhinein als falsch oder halbwahr herausstellen sollten, interessierte niemanden mehr. Ebenso nicht die Frage, ob das Töten von ZivilistInnen und die Zerstörung der Infrastruktur eines Landes ein Regime stürzen, geschweige denn jemals Frieden schaffen kann.
Andere wiederrum, wenngleich auch weit weniger, solidarisierten sich unkritisch mit dem jugoslawischen Regime. Daß die Belgrader Regierung nie versucht hatte, kriegerische Auseinandersetzungen zu vermeiden, bzw. nicht nur einen "nationalen antiimperialistischen Verteidigungskrieg" sondern über weite Strecken einen brutalen Angriffskrieg führen ließ, wird dabei gerne übersehen.
Die Anwendung militärischer Gewalt wurde abgesehen von einem kleinem Häufchen AntimilitaristInnen und vor allem vielen direkt Betroffenen, von keiner Seite mehr in Frage gestellt.
Krieg , das grausamste und zerstörerischste Mittel zur Durchsetzung von politischen und ökonomischen Machtinteressen, wurde plötzlich zum Medienhype, zur einzig denkbaren Möglichkeit der Konfliktlösung.
Antimilitarismus im 21. Jahrhundert?
Die breite Zustimmung zu Kriegseinsätzen und die fortschreitende Militarisierung der Gesellschaft hat viele AntimilitaristInnen verzweifeln lassen. Zudem kommen (in Österreich) veränderte politische Bedingungen: Ein rechts-rechte Regierung mit entsprechender Vorliebe für alles was marschiert und schießt ist an die Macht gekommen. Die Neutralität ist für sie nicht einmal mehr ein Lippenbekenntnis, der NATO-Beitritt ist in greifbare Nähe gerückt.
Vor allem muß sich Antimilitarismus in Österreich gegen diese Regierung richten. Sie ist nicht nur bereit, ungeheure finanzielle Resourcen für Kriegsgerät auszugeben, sie hat auch ein Militärbefugnisgesetz verabschiedet, das dem Militär Kompetenzen zugesteht, die selbst die der Staatspolizei übertreffen.
Sie hat weniger einkommensstarken Jugendlichen de facto verunmöglicht, den Zivildienst abzuleisten, und diese damit zum Militärdienst gezwungen. Und sie wird die Einführung des Berufsheeres einleiten.
Einzige Alternative:
Armee abschaffen! Prost!
{Flash G.}
Quellen:
Verheerend,; Dunkl, Ecker, Steyrer, Schmid (Hg.); edition Sandkorn
Balkankrieg; Hannes Hofbauer (Hg.); Promedia 1999