Vom Ende einer Ära
Vom Ende der Sozialpartnerschaft
Zweihundert Tage ist die FPÖ-/ÖVP-Regierung jetzt im Amt. Zeit für AnarchistInnen Bilanz zu ziehen.
Kein Stein wird auf dem Anderen bleiben. Das war die Ansage des neuen Personals beim Regierungsantritt und auch die Erwartung der Herrschenden. Allseits - bei BefürworterInnen wie GegnerInnen - wurde bereits ihr Zustandekommen als Zäsur in der österreichischen Nachkriegspolitik gewertet. "Speed kills", klingt das bei ÖVP-Klubmann Khol - und tatsächlich hat die Wenderegierung in den ersten paar Monaten ihrer Funktionsperioden eine Vielzahl von Reformen durch das Parlament gepeitscht, die nicht so sehr durch ihren juristischen Gehalt, als vielmehr durch die Art und Weise ihres Zustandekommens (real-)verfassungsändernd gewirkt haben. Die GegnerInnen wurden allein durch die Geschwindigkeit überrollt.
Und jetzt? Ein halbes Jahr später?
Die Sozialpartnerschaft gibt es nicht mehr.
Jener feingewebte Mechanismus zum Interessensausgleich zwischen verschiedenen Strömungen innerhalb der Herrschenden, hat seine Bedeutung fast zur Gänze eingebüßt.
Ihr Ende kam ohne großen Knall, mehr beiläufig: Sozialpartnerschaft, ja, die hat es vor einem halbem Jahr noch gegeben. Achselzucken. Und weiter? Zurück zur Tagesordnung.
Wieviel diese tragendsten Institutionen der 2. Republik an Ansehen bereits vergeigt hatten, sieht man an der Art und Weise ihrer Aushebelung: Es war nicht einmal ihre formale Abschaffung notwendig. Die Regierung hat sie schlichtweg nicht mehr zur Kenntnis genommen.
Und diese Zustandsbeschreibung zielt beileibe nicht nur auf Gewerkschaft und Arbeiterkammern, die jede Mobilisierungsfähigkeit heillos verloren haben. Auf der Unternehmerseite und bei den Bauern gilt ähnliches. Weder wurden die Handelskammern bei der Getränkesteuerneuregelung, noch bei den Budgets 2000 und 2001 eingebunden; das Lobbying für die Landwirtschaft scheint vor allem durch die Person des Ministers Molterer gewährleistet zu sein, nicht durch die zuständige Kammer.
"Österreich neu regieren", dieser Sager ist nicht bloß dumme Metapher (Regiert ist schließlich immer worden, daran kann nix neu sein), er hat durchaus politisch realen Gehalt. Die Formen der Machtausübung sind grundsätzlich andere geworden. Diesen Teil ihres Parteiprogramms (die Abschaffung des vorgeblich korrupten und bürokratisch erstarrten Kammernapparats) haben die Freiheitlichen ohne großes Getöse binnen Halbjahresfrist erreicht.
Also was denn nun? Sind die AnarchistInnen Freunde und Freundinnen der Sozialpartnerschaft?
Nichts von alledem. Man/frau sollte sich aber einmal fragen, wodurch sie eigentlich ersetzt worden ist ...
Sozialpartnerschaft war Interessensausgleich. Wessen Interessen wurden ausgeglichen? Sicher nicht - wie uns die einschlägige Propaganda immer weismachen wollte - die von ArbeiterInnen und Unternehmern. Sondern verschiedene Abteilungen der Geldleute und der Herrschenden (das sind eben nicht nur Leute, die über viel Geld verfügen, also Unternehmer, sondern beinhaltet auch Funktionäre aus dem Staatsapparat, den Gewerkschaften, politischen Parteien, Selbstverwaltungskörperschaften wie Kammern und berufsständische Interessensvertretungen) haben ihre Interessen ausgeglichen. Die sind nämlich durchaus nicht einheitlich. So hat der Besitzer einer großen Firma, die in Familienbesitz ist, einen anderen Wunschzettel an den Staat, als der angestellte Manager eines Multinationalen Konzerns. Der kleine Ladeninhaber wird gegen die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten sein, Billa-Manager Veit Schalle dafür. BauernvertreterInnen wollen einen subventionierten Milchpreis, ArbeiterkammerfunktionärInnen gestehen diesen nur im Austausch gegen verbesserte Arbeitsschutzgesetze zu.
Daß auch die Sozialdemokratische Machtsphäre Teil der herrschenden Schicht war, heißt nämlich nicht, daß sie die Interessen ihrer Klientel nicht auf eine gewisse Art und Weise bedient hätte. Ihre Klientel waren allerdings schon lange nicht mehr alle Lohnabhängigen oder alle armen Leute überhaupt, sondern (männliche) Facharbeiter, Angestellte, teilweise Beamte und - PensionistInnen.
Das Ende der Sozialpartnerschaft bedeutet ganz real das Ende der politischen Rücksichtnahme auf diese Schichten.
Das Ende der Sozialpartnerschaft bedeutet aber noch ein weiteres: Man/frau hat ihr zwar insbesondere von linker Seite immer ihre Politik der verschlossenen Türen, der abgehobenen Entscheidungen vorgeworfen - gegen die Art und Weise wie von der Wenderegierung "Reformen" vorbereitet werden, war - das muß man/frau rückblickend feststellen - der sozialpartnerschaftliche Mechanismus ein Muster an Transparenz, Nachvollziehbarkeit und öffentlicher Entscheidungsfindung. Und das ist wichtig: "Öffentlich" bedeutet immer auch "öffentliche Diskussion" und "öffentliche Diskussion" bedeutet, daß KritikerInnen wenigstens den Hauch einer Chance haben, daß ihre Einwände überhaupt wahrgenommen wird.
Die Regierung Schüssel hat die Metternichsche Kabinettsküngelei zu hehrsten aller Disziplinen überhaupt verklärt - und das macht schon einen Gutteil ihres rigiden Durchsetzungsvermögens aus.
Reformen werden inhaltlich von einem relativ kleinen Apparat vorbereitet - übrigens durchwegs unter Umgehung des bisherigen Begutachtungsprocederes für Kammern, Interessensvertretungen, ÖH usf. - dann einer erstaunten Öffentlichkeit präsentiert und mit dem stereotypen Verweis von wegen "Reformstau", den die große Koalition [1] angerichtet hätte, jede öffentliche Erörterung der Sache abgeschmettert. Die Regierung bunkert sich anschließend ein, läßt ihre KritikerInnen wissen, daß bestenfalls "Details verhandelbar seien", nicht aber das große Ganze - und läßt sich von einer schmalen Schicht wohlbezahlter Claqueure, die in eben jenen Redaktionsstuben sitzen, in denen Dr. Haider seinerzeit für Ordnung sorgen wollte, als Retter Österreichs vor der etatistischen Verluderung feiern.
Genug Markt kann da gar nicht sein, privatisiert nie genug werden, so etwas wie eine Pension gibt es normalerweise nur im Kommunismus - in den Zeiten der Globalisierung zählt "Eigenvorsorge" statt "wohlerworbener Rechte". Jede Mindestlohnempfängerin soll mit Aktien zocken und vom Bösenhype profitieren. Wer das nicht schafft (oder ganz einfach nicht will), ist selber Schuld: Ein/e VersagerIn.
Wagt sich die neoliberale Journaille in die Niederungen der Zwischenmenschlichkeit vor, dann allerdings erst erleben wir die wirklichen Sternstunden der Dummheit: Wenn sie nämlich das nationale Verarmungsprogramm einer Budgetsanierung mit dem romantischen Vergleich von wegen "Ein Nulldefizit ist sexy" lyrisch begleitet.
Der Katzenjammer am Schluß wird groß sein.
Ist die Macht sich selbst der beste Grund?
Die Aushebelung der Sozialpartnerschaft hat einen weiteren sehr gefährlichen Effekt: Die Geschwindigkeit des neoliberalen Umbaus der Gesellschaft nimmt dramatisch zu. Die merkwürdige Form des Interessensausgleich wie sie die Sozialpartnerschaft betrieben hat, ist vor allem mit einer Sache sehr großzügig umgegangen: Der Zeit. Sitzungen dauern eben. Und was die einen als erstarrtes, allzu behäbiges, allzu reformunfreudiges System denunzieren, das hatte für die neuerdings oft im Mund geführten einfachen Leute vor allem eine Auswirkung: Jede Gemeinheit, die sich die Reichen und Mächtigen für sie wieder einfallen lassen haben, hat eine Weile gebraucht, bis sie tatsächlich gegriffen hat. Und war dadurch in ihrer Wirksamkeit auch schon wieder teilweise überholt. Mit dieser relativ unspektakulären Art und Weise, die Folgen von Marktwirtschaft und Ausbeutung unauffällig abzumildern, wird es vorbei sein.
Wessen Regierung ist nun die Regierung? Oder anders: Wessen Interessen ist sie verpflichtet? Oder noch viel genauer: Wem?
Nur sich selbst?
Das Kabinett Schüssel ist einerseits viel freier in seinen Handlungen und Entscheidungen, muß ungleich weniger Rücksichten auf die Sonderinteressen einzelner Strömungen innerhalb der Herrschenden nehmen - im luftleeren Raum existiert es deswegen nicht.
Und das hat sehr viel mit der Art seines Zustandekommens zu tun.
Die Sozialpartnerschaft konnte deswegen so problemlos ausgehebelt werden, weil die Blau/Schwarze Regierung gegen die maßgeblichsten Repräsentanten der Sozialpartnerschaft an die Macht gekommen ist.
Der "Fall Maderthaner" war auch deswegen plötzlich ein Fall, weil hier ein deklarierter Gegner einer Einbindung der Freiheitlichen abmontiert werden mußte.
Das Primat der Wirtschaft über die Politik hat völlig andere Formen angenommen. Kurz gesagt: Nicht mehr die Unternehmer als ganze haben Einfluß auf die Regierung, sondern nur mehr bestimmte. Dieser Kreis hat sich noch nicht völlig konsolidiert: Was sich bis jetzt erahnen läßt, gehören ihm - von Zufälligkeiten, beispielsweise persönlichen Freundschaften abgesehen - nicht unbedingt die geldmächtigsten, dafür aber aggressivsten, angriffslustigsten, sehr auf Expansion setzenden, einheimischen Kapitalgruppen und Unternehmer an: Glock (Waffenfabriken), Assamer, Prinz-horn, Swarovsky, Maut-ner-Markhof, Lauda, Wienerbergerchef Schaschl, Plech (Immobilien), Hypo-Chef Kulterer, Herbert Koch (Kika/Leiner), Friedrich Fall (Grazer Wechselseitige), H. D. Prentner (RBB-Bank), E. Hoffmann, Pekarek (Raiffeisen), Michael Lielacher (Banker), R. Schoettel (Speditionen) usw. Manche schicken auch gleich einen der ihren als Minister: Grasser (Autohaus), Bartenstein (Pharmawerke). Manager von Multinationalen Konzernen (wie beispielsweise Veit Schalle) sind eher die Ausnahme.
Diese Gruppierung unterscheidet weniger ihre neoliberale Gesinnung von ihren Vorgängern, als ihre Bereitschaft, sämtliche damit verbundene Härten ohne irgendwelche Rücksichten auch durchzusetzen. Sie ist vor allem einheitlicher in ihren politischen Ansichten und ihren Interessenslagen und sich auch einiger. Daß jetzt der alles, was es an Resten des Sozialstaats noch gibt, weggeräumt werden soll.
Das ist eine explosive Mischung: Teilen müssen sie sich die Macht nämlich mit dem Funktionärskader der Regierungsparteien. Dem politisch erfahrenen, auch in seinen bürgerlichen Anschauungen gefestigten der ÖVP - und dem sehr schnell gewachsenen der FPÖ. Dort hat nicht nur alles, was es an verschiedenen rechts-rechten Weltbildern so gibt, eine Heimstatt gefunden, diese Partei scheint nach wie vor eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf alle Elemente auszuüben, denen sämtliche Niederungen der menschlichen Bösartigkeit und Gemeinheit ganz einfach ein Bedürfnis sind. Die gar nicht anders können, als loszugeifern und hinzutreten.
Daß die Minister, die sie in die Regierung geschickt hat, allesamt stubenrein sind und mit Messer und Gabel essen können, heißt nämlich nicht daß es unter dem Deckel vom Topf, in dem die rechts-rechte Suppe kocht, nicht kräftig brodelt und sie überschwappen könnte. Leider hat die "neue Arbeiterpartei FPÖ" nämlich immer nur das Schlechteste vom Arbeitersein begriffen und angenommen: Das Proletentum.
Viel kann passieren, wenn der Stammtisch sich die Macht mit denen teilen muß, denen Österreich immer zu klein war.
Der Masterplan zum Machterhalt
Nein, die Macht ist sich niemals selbst der beste Grund: Nur regieren, weil es eigentlich ganz angenehm ist, selber endlich einmal ganz obenauf zu sein, das ist zu wenig. Ergo kam, was kommen mußte: Die Regierung hat sich eine Vision verpaßt. Zwar wurde von berufenerer Seite (Altkanzler Vranitzky) irgendwann einmal in etwa vermeint, daß so Politiker besser auf die Couch eines Seelenklempners gehören - so eine leichtfertige Spöttelei ficht unsere Wendeideologen aber nicht an. Ihnen reicht es nicht, einen Staat zu verwalten, sie wollen Geschichte schreiben. Schließlich waren sie es, - ja er, der ewige Kammernsekretär von Sallingers Gnaden, den nie jemand für voll genommen hat - und sie, die kleine Pressesprecherin, - die den Kammernstaat zerschlagen, das Budget "saniert" und endlich aufgeräumt haben mit allen Überresten einer überkommenen Sozialstaatsromantik.
Und weil das nun einmal schlecht geht: Dem Volk zu sagen, wir haben uns jede Menge Gemeinheiten ausgedacht, weil wir uns gern eine gute Nachrede einhandeln möchten - bei denen, auf die es uns ankommt, den Geldleuten - deswegen braucht es ein großes Ziel, auf daß sich die breite Öffentlichkeit einschwören läßt.
Je mehr Blut, Schweiß und Tränen verlangt werden, desto größer muß dieses hehre Ziel sein - auch das lehrt die Vergangenheit.
Zauberlehrling Grasser lüftet den teuren Zylinder - und was passiert? Ein possierliches Viech namens "Nulldefizit" hoppelt heraus.
Weil schlichte Gemüter nun einmal glauben, ein Staat sollte in etwa so funktionieren, wie ihre Familie zu Hause ("Ich kann ja auch nicht mehr ausgeben, als ich verdiene."), läßt sich damit jede Härte problemlos durchsetzen und als Hebel zum Komplettumbau der Ausgabenstruktur - weil darum geht es in Wirklichkeit - des Budgets einsetzen.
Jeder Staat hat soviel Geld, wie er will - er druckt es nämlich: Sein Geld ist soviel wert, wie das ganze Land, in dem es ausgegeben wird. Und zwar nicht, weil seine BürgerInnen irgendwann einmal mit ihrem Besitz dafür geradestehen müßten - wie uns konservative Ökonomen launig weismachen wollen -, das ist noch nirgendwo passiert, außer nach einem verlorenen Krieg: Man/frau nennt so etwas dann Inflation - und diese hat dann schon sehr viel mit der echten Natur des Geldes zu tun. Für das Geld eines Staates besteht im Inland quasi Annahmezwang, es hat seinen Wert, weil es von der Gewalt des Staates garantiert wird. Wird seine Machtbasis schmäler - dann und nur dann kann seine Währung in ernsthafte Kalamitäten geraten.
Staatsschulden sind ein relativ bequemer Weg, die Geldumlaufmenge zu erhöhen, ohne die Notenpresse [2] anzuwerfen: Das selbe Geld ist jetzt auf einmal zweimal vorhanden - einmal in der Bilanz der Bank, die dadurch freundlicher aussieht, oder im Strumpf der SparerInnen, der oder die Staatsanleihen gezeichnet haben, sich an den Zinsen freut und trotzdem jederzeit auf sein/ihr Geld zurückgreifen können - und ein zweitesmal im Säckel des Finanzministers, der damit im günstigeren Fall Schulen und Krankenhäuser baut und im ungünstigeren Abfangjäger kauft.
In Wirklichkeit ist es komplett Wurscht und Blunze, ob der Staat mehr Steuern einnimmt, als er ausgibt oder umgekehrt - ins Leben der Menschen greift er dadurch ein, wofür er das Geld (das, nachdem er es den Menschen abgeknöpft hat, ja seins ist) ausgibt.
Er kann damit Spitäler ausreichend dotieren oder einen Selbstbehalt beim Ambulanzbesuch einführen. Wahrscheinlich wird die Sterblichkeitsrate unter vor allem älteren Menschen und bei den "sozial Schwächeren" generell dann mittelfristig ansteigen. Warum? Weil, wenn man/frau mit dem Schilling rechnen muß, man/frau es sich zweimal überlegt, 150 bis 250 Schilling zu bezahlen, wenn es sich eh hinten und vorne eh nicht ausgeht. Weil es ja eh nur eine Grippe ist ...
Und, wenn nicht?
Der Staat kann Zivildienern damit eine anständige Gage bezahlen - oder den Zivildienst durch die Kürzung des Essensgelds zu einer exklusiven Einrichtung umbauen, dessen Ableistung nur mehr Kindern begüterter Eltern offensteht.
Er kann seine Universitäten mit ausreichenden Mitteln ausstatten, der Staat - oder von den StudentInnen Studiengebühren einheben. Die Botschaft ist dann klar: Die Reichen wollen unter sich sein. Die gesellschaftliche Elite schließt sich nach Unten ab.
Der Staat kann mit seinem Geld seinen älteren Menschen eine halbwegs anständige Pension zahlen, die sie für alle Unbill eines durchschnittlichen Arbeitslebens wenigstens ansatzweise entschädigt - oder er kann eine Pensionsreform machen, deren großer Leitgedanke irgendwo zwischen Lainz und Klostersuppe angesiedelt sein dürfte. Erhöhung des Frühpensionsalters um 18 Monate und Pensionsabschläge bis zu 20 Prozent: Warum geht denn jemand in Pension? Weil er oder sie von der Arbeit verschlissen ist und/oder ab einem bestimmten Alter schlichtweg keine mehr findet. Durch die Kürzung des sog. Absetzbeitrags wird übrigens auch erstmals in bestehende Pensionen eingegriffen: Diese werden um bis zu 550,- Schilling gekürzt.
Der Staat kann seinen Versehrten eine Unfallrente zahlen - oder sie kürzen, indem er sie besteuert. Schließlich gibt es ja angeblich - Stichwort "Soziale Treffsicherheit" - "Leistungsbezieher", deren Bezug höher als ihr voriges Einkommen ist. Fürwahr: Schon eine Sauerei, wenn jemand der ein paar Finger für die Firma gegeben hat, jetzt dafür auch noch mehr Geld bekommt. Keine Handi - keine Keksi.
Der Staat kann sich seine Arbeitslosen als industrielle Reservearmee halten - oder beginnen, die Arbeitslosenversicherung zu reformieren. Wie lebt's sich vier bis acht Wochen ohne Einkommen? In Zukunft - bis jetzt galt das nur bei Selbstkündigung - wird das Arbeitslosengeld auch dann für vier Wochen gestrichen, wenn jemand einvernehmlich aus einer Firma ausscheidet oder bei Ende eines befristeten Dienstverhältnisses. Betroffen vor allem: Saisonarbeitskräfte am Bau oder in der Gastronomie.
Eine Kellnerin, die jedes Jahr in der Sommer- und Wintersaison arbeiten geht - und dazwischen Stempeln gehen muß, verliert zwei Monate Arbeitslosengeldanspruch. Ob die Unternehmer mit einer Lohnerhöhung aushelfen???
Ebenfalls betroffen: Prekäre Arbeitskräfte. Bei der Post werden beispielsweise nur mehr Aushilfskräfte mit Dreimonatsverträgen als Briefträger angestellt ...
Die Kürzung der Familienzuschläge beim Arbeitslosengeld trifft überhaupt die Allerärmsten.
Der Staat kann schließlich auf dem Feld der Sozialpolitik Gesellschaftspolitik betreiben: Die Streichung der kostenlosen Mitversicherung für kinderlose Ehefrauen ist beinharte rechte Ideologie. Ehe und Familie werden wieder Keimzellen des Staates - gefördert werden sie dann und nur dann, wenn sie der Aufzucht neuer Staatsbürger dienen. Das Zusammenleben zweier Menschen für sich allein ist nicht förderungswürdig. Gemeinnutz kommt vor Eigennutz!
Bei den Abgaben und Gebühren aller Coleur, die so ein Staat erhebt, ist das Feld überhaupt weit. Schnurz ob Essen und Trinken, Strom und Gas höher besteuert werden, Zigaretten teurer werden, an der Kfz-Steuer gedreht wird, eine Maut für das Fahren auf den (aus Steuergeldern gebauten) Autobahnen erhoben wird, für jeden hoheitlichen Akt ein mehr an Stempelmarken gepickt werden muß - hier hofft die Politik scheint's bis zum nächsten Wahlgang auf einen schleichenden Gedächtnisschwund ihrer Wählerinnen und Wähler. Da mittlerweile einer Kanzler ist, dessen Wahlkampfgag in der Ankündigung bestand, als Dritter bußfertig die harten Oppositionsbänke zu drücken, ist diese Hoffnung möglicherweise nicht unberechtigt.
Der Staat kann auch, weil ja "wir alle" Opfer bringen müssen, auf die Neidgenossenschaft setzen und bei seinen eigenen Bediensteten, den Beamten sparen. Ausgliedern, neues Dienstrecht geben, Jahresarbeitszeit einführen, länger arbeiten und später in Pension gehen lassen.
Und das ist der Punkt: Er kann das alles tun - aber er muß nicht
Langsam wird ein Muster erkennbar: Für die Mittelschicht wird alles deutlich schwieriger, sie wird ihre Sprößlinge mit parzifistischen Neigungen, die beispielsweise Zivildienst machen wollen, eben deswegen alimentieren müssen, ihnen die Studiengebühren zahlen, sich selber eine Pension ansparen (hinter dem Schönsprech "Eigenvorsorge" verbirgt sich nichts anderes, als eine saftige Beitragserhöhung, die dann die Bilanz eines privaten Versicherers schönt).
Die Kinder wiederum werden von ihren Eltern abhängiger, das ist auch gut - vom einem konservativen Standpunkt aus, der die Welt am liebsten wie einen Bauernhof einrichten möchte.
Für die Unterschicht hingegen ist es aus. So einfach. Die wenigen Abfederungen, die ihre restlose Verarmung verhindert haben, wird es im achtreichsten Land der Welt nicht mehr geben.
Das ist die Mission dieser Regierung: Und nicht die Budgetsanierung. Die ist Vehikel dazu, mehr nicht. Ausrede: Damit die Regierung dieses Land verslumen lassen kann. Das wird nämlich passieren - wenn schon nach acht Monaten schwarz/blauer Herrschaft die Gemeinde Wien die Betriebskosten für das AKH nicht mehr aufbringen kann, weil der Bund seinen Zuschuß gestrichen hat. Die Krankenhäuser werden verkommen - und alles andere dazu. Das verbirgt sich hinter dem Slogan: Mehr Privat - weniger Staat.
Und noch etwas: Machtpolitik. Sind doch StudentInnen, Zivildiener und die Gemeinde Wien paradoxerweise allesamt Gruppen oder Apparate, von denen Opposition gegen Schwarz/Blau ausgegangen ist.
Diese Regierung macht beinharte Interessenspolitik für eine ganz schmale Schicht in der Gesellschaft. Die Superreichen.
Weil die Macht schmeckt schal, ohne Mission. Und das ist doch eine: Das größte Fressen für die eigenen Kader.
So verabschiedet sich die Wenderepublik von der Schimäre, das Politik etwas mit sozialer Befriedung zu tun haben braucht.
Die Voraussetzungen dafür sind schon vor mehr als zehn Jahren geschaffen worden: Als nämlich der reale Sozialismus zusammengebrochen ist - und jede Notwendigkeit entfallen ist, von wegen Systemkonkurrenz ein Auslagenfenster zu dekorieren, das beweist, wie erfolgreich die Marktwirtschaft Reichtum für alle schafft.
Die Marktwirtschaft schafft nicht Reichtum für alle. Und ist trotzdem erfolgreich.
Die Versuchung jetzt endlich rechte Wirtschaftspolitik zu machen, mußte unwiderstehlich sein.
Alles nur teilweise wahr?
Die Unternehmer werden ja ebenfalls belastet. Mit mehr als 15 Milliarden?
Sicher sogar. Die Belastung wird so groß sein, daß "die Wirtschaft" deswegen bei den Gewerkschaften auf "maßvolle Lohnrunden wird dringen müssen".
Wer zahlt die neoliberale Zeche?
Warum die "Sanktionen" richtig waren
Weil die ÖsterreicherInnen trotz alledem auf ihren Staat viel halten, haben sie als andere EU-Staaten ihr Befremden und ihre Bedenken bezüglich einer Regierungsbildung unter Einschluß der FPÖ äußerten, sich sofort auf's Heftigste solidarisiert: Mit der FPÖ/ÖVP-Regierung - der nichts anderes widerfahren ist, als daß ihr zivilisierte Regierungen den Handschlag verweigert haben.
Die nationalen Wallungen der Dummheit haben da wieder einmal Hochkonjunktur gehabt: Man könne einer "demokratisch gewählten Partei" nicht das Recht absprechen, auch einmal das Personal im Ministerrang zu stellen - so als ob die Tatsache, daß eine Partei gewählt wird, eineN der Verantwortung enthebt, Stellung zu beziehen, ob man sie ausgerechnet an den innersten Schaltstellen der Macht werken sehen will, diese demokratischste aller gewählten Parteien, deren Repräsentanten "Freiheitlich" immer noch so ähnlich wie "Unsere Ehre heißt Treue" buchstabieren.
So widersprüchlich ist sie, die Demokratie: Die drittstärkste Partei stellt den Kanzler, die stärkste ist in Opposition, die schwächste hat nach allgemeinem Dafürhalten der bürgerlichen Journaillie (und die muß es ja wissen) eigentlich den bestgeeignetsten Kanzlerkandidaten [3] ... So geht's, wenn es lediglich darauf ankommt, wer sich mit wem eine Mehrheit im Parlament suchen möchte.
Das treudoofen Totschlägerargument, was man/frau der FPÖ alles nicht "verwehren kann", ist nämlich verräterisch: Dahinter verbergen sich in Wirklichkeit die Erwartungen derer, die sich eine FPÖ-MinisterInnenriege gewünscht haben.
Für die Regierung hatten diese Sternstunden der nationalen Einigkeit gegen die "Sanktionen" jedenfalls den Riesenvorteil, daß eigentlich keineR aus ihrem Volk sich mehr gefragt, was sie eigentlich so tut und treibt, den lieben, langen Regierungstag.
Und vor allem, wie sie's so hält mit der Demokratie, diese demokratisch gewählte Regierung.
Das ist nämlich die Befürchtung, die viele Menschen gehabt haben: Daß Grundrechte so massiv ausgehebelt werden, die Gesellschaft insgesamt sich in eine autoritäre Richtung entwickelt, wenn die FPÖ erst in der Regierung sitzt.
Das ist kaum ausgesprochen worden: So als hätten viele Angst, etwas aufzurühren. Hoffnung, das es auch nicht passiert - so lange man/frau darüber nicht spricht.
Diese Sorgen sind gerechtfertigt
Und wir wollen darüber sprechen. Über "die Natur der FPÖ" ist schon zuviel geschrieben worden. Wollen wir es dabei belassen:
"Es gibt Gründe, die Beschreibung der FPÖ als eine rechtspopulistische Partei mit radikalen Elementen auch heute noch als zutreffend anzusehen."
Aus dem Bericht von Martti Ahtisaari, Jochen Frowein und Marcelino Oreja an die Europäische Union [4]
Und wie konnte eine solche Partei an die Regierung kommen?
"Es scheint tatsächlich zu einem typischen Kennzeichen in der österreichischen Politik geworden zu sein, daß Vertreter der FPÖ äußerst mißverständliche Formulierungen verwenden. Hohe Parteifunktionäre FPÖ haben über eine lange Zeit hinweg Stellungnahmen abgegeben, die als fremdenfeindlich oder gar als rassistisch verstanden werden können. Viele Beobachter erkennen in den verwendeten Formulierungen nationalistische Untertöne, manchmal sogar Untertöne, die typisch nationalsozialistischen Ausdrücken nahekommen, oder sie sehen in ihnen eine Verharmlosung der Geschichte dieser Zeit.
Offenbar hat die FPÖ keine Maßnahmen gegen Mitglieder ergriffen, die öffentlich fremdenfeindliche Stellungnahmen abgegeben haben; sie hat diese Stellungnahmen weder verurteilt noch unterbunden und sich auch nicht eindeutig für sie entschuldigt. Wenn diese Äußerungen ihren Urhebern vorgehalten werden, bestreiten sie jegliche nationalsozialistische Absicht oder einen entsprechenden Charakter der Äußerung.
Aus dem Bericht von Martti Ahtisaari, Jochen Frowein und Marcelino Oreja an die Europäische Union
Ein relativ drastischer Befund über das Seelenleben der Freiheitlichen. Er gibt zumindest Aufschluß, woraus blaue Träume so gestrickt sein mögen ... Aber was haben sie tatsächlich getan, seit sie an der Regierung sind?
"Eines der problematischsten Kennzeichen führender Mitglieder der FPÖ sind Versuche, politische Gegner zum Schweigen zu bringen oder sie sogar zu kriminalisieren, wenn sie die österreichische Regierung kritisieren. Das häufige Anstrengen von Beleidigungsprozessen gegen Personen, die die FPÖ oder Äußerungen ihrer politischen Führung kritisiert haben, muß auch in diesem Zusammenhang gesehen werden.
In einer Pressekonferenz, die der Landeshauptmann des Landes Kärnten in Anwesenheit des Bundesministers der Justiz gab, wurde die Möglichkeit erwähnt, eine Vorschrift des Strafgesetzbuches auf Abgeordnete anzuwenden, die die Regierung kritisieren. Als die Oppositionsparteien eine förmliche parlamentarische Befragung einleiteten, betonte der Justizminister die Meinungsäußerungsfreiheit jener, die einen solchen Vorschlag unterbreiteten. Er unterstrich, daß jeder die Möglichkeit haben müsse, seine Meinung zu äußern."
Aus dem Bericht von Martti Ahtisaari, Jochen Frowein und Marcelino Oreja an die Europäische Union
Haiders neuer Lieblingsparagraph ist übrigens der § 248 (Herabwürdigung der Republik), mit dem die VerfasserInnen schon zu Zeiten, wo von einer Regierungsbeteiligung der FPÖ noch lange keine Rede war, auf Betreiben gewisser freiheitlicher Funktionsträger nähere Bekanntschaft geschlossen haben. Neu ist nur, das jetzt schon Sozialdemokraten und Grüne wegen ihrer Gesinnung verfolgt werden sollen. Und neu ist die Unverschämtheit der Sieger: Wahrscheinlich hat sich der Justizminister halb krank gelacht, als er die "Meinungsfreiheit" dessen verteidigt hat, der seine politische Gegner hinter Schloß und Riegel bringen möchte.
Meinen darf er das also bereits. Aber wird er es auch tun? Politische Gegner verfolgen lassen? Durch Polizei und Justiz?
"Außerdem hat mir vor einigen Monaten ein Bekannter aus dem Innenministerium gesagt, ich soll mich nicht wundern, wenn gewisse Kreise in der FPÖ von doch unbeeinflußbaren Gerichtsverfahren auf infamere Methoden umsatteln würden. Rufmord und Kriminalisierung des politischen Gegners wäre eines der ältesten politischen Kampfmittel [...]"
André Heller in News 40/2000
Kriminalisieren? So etwa?
"Den Broukal will er abpassen. Ihn einsperren und ihn grün und blau schlagen, sagt der Polizist der Alarmabteilung vor Jahren zu mir.
Warum, frage ich. Weil der ORF-Redakteur ständig so unfair über die Polizei und die Freiheitlichen berichte, ist die Antwort.
Er und sein Funkwagenpartner hätten sich bereits alles Notwendige über Broukal aus dem Polizeicomputer besorgt. Seitdem würden sie immer wieder in der Nähe von Broukals Wohnung streifen, bis sie ihn bei irgendeiner Übertretung erwischen, dann anhalten und beamtshandeln. Einer würde die Amtshandlung führen, der zweite einige Meter daneben stehen und ein Diktiergerät mitlaufen lassen. Mit leise gesprochenen Provokationen, gemischt mit der Amtshandlung, die in normaler Lautstärke geführt wird, sollte Broukal so lange provoziert werden, bis er 'ungestüm wird' ('Ungestümes Benehmen' ist ein Verwaltungsdelikt; Anm.). Dann würde die Androhung der Festnahme und die Festnahme selbst erfolgen. 'Auf dem Tonband wird dann deutlich die Amtshandlung und nicht die geflüsterte Provokation zu hören sein', meint der Polizist. 'Broukal wird sich nicht freiwillig festnehmen lassen, da wird es den ersten Widerstand gegen die Staatsgewalt geben, den wir leider brechen müssen'. Dafür werde es sicher auch Passanten als Zeugen geben. Dann, im Funkwagen und in der Zelle würde Broukal 'seine Watschen kriegen'. Und noch wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt angezeigt werden. Einer der Polizisten würde zuletzt vom anderen durch einen Schlag auf die Lippen sichtlich verletzt werden, um das Randalieren des Fernseh-Reporters zu beweisen.
Es kommt nie zu dem Vorfall. Ob es damit zusammenhängt, daß einer der Beamten bald nach dem Gespräch versetzt wird, weiß ich nicht. Als ich aber sehe, wie ernst der Beamte dieses Vorhaben gemeint hat, beschleicht mich ein leises Grauen bei dem Gedanken, was passieren kann, wenn Polizisten solche Ideen haben und vielleicht sogar umsetzen. Und als ich mit einem Vorgesetzten der Beamten darüber spreche, zeigt er sich zu meinem Erstaunen darüber voll informiert und meint gelassen 'Dem (Broukal, Anm.) tät's eh net schaden ...'"
Aus: Josef Kleindienst, "Ich gestehe", Seite 58 f.
Damals ist nichts passiert.
Wohl unter anderem auch, weil die Regierung anders gefärbt war und die Beamten rechtzeitig versetzt hat.
Jetzt kann viel geschehen.
Und die Zeichen an der Wand soll man sehen: Ebenso wie bis jetzt rechtsstaatliche Standards oberflächlich besehen größtenteils gewahrt blieben, - möglicherweise auch wegen der EU-"Sanktionen" - gibt es zweifelsfrei Leute auch im innersten Zirkel der Macht, die eine autoritärere Entwicklung gutheißen würden.
Ob diese Strömung sich durchsetzt, scheint zur Stunde völlig offen. Der Apparat dafür steht ihnen zur Verfügung: Mindestens fünf Leute sind heuer bereits bei der Polizei zu Tode gekommen, das sind drei mehr als im Vorjahr.
Die Waffe sitzt ihr lockerer, der Polizei.
Das Klima ist aufbereitet, für das große Aufräumen.
Daß die neue Herrschaft das an sich nicht notwendig hätte, um ihre Macht zu sichern, tut nichts zur Sache: Auch eine Obrigkeit handelt bei solchen Dingen nicht notgedrungen rational und überlegt. Die Lust an der Macht, die Freude den vermeintlichen Gegner zu zertreten, ihn einzusperren und zu drangsalieren, die gibt es nicht nur bei den subalternen Elementen der Staatsgewalt - sondern auch oben, ganz oben.
Dort, wo Polizei und Justiz die Befehle erteilt werden.
Ob ihnen derlei gelingt, wenn sie es versuchen, ist ebenso völlig offen.
Es hängt von Euch ab, unter anderem. Ob ihr wegschaut.
Oder dazwischengeht.
Wir sind am Ende
Für diesmal. Unausweichlich, am Schluß: Und nun, was tun? Zunächst dies: Einen langen Atem haben. Die FPÖ ist unter anderem deswegen in der Regierung, weil sie so sehr das alles an Abgründen und Grauslichkeiten widerspiegelt, was Österreich ist. Ihre Regierungsteilnahme verhindern zu wollen, hat in den letzten Jahren oft den Eindruck erweckt, etwas Unausweichliches verhindern zu wollen. Jetzt müssen wir da durch: Den ganzen Irrwitz in all seiner Bösartigkeit und Gemeinheit aushalten, die besondere Fremdenfeindlichkeit, die besondere Menschen- und Frauenverachtung, die besonders abgrundtiefe Verachtung für sozial Schwache, den besonderen Hang zu autoritären Lösungen für alle Probleme der Gesellschaft.
Denn: Gegeben hat es das alles immer. Und trotzdem ist, was jetzt kommt, etwas Besonderes.
Manchmal wird dann nach einem reinigendem Gewitter der Himmel wieder klar und die Sonne scheint ...
Blau/Schwarz als reinigende Katharsis? Nein, von selber nicht. Ihr werdet etwas dafür tun müssen.
Oder besser: dagegen.
Und dann ein weiteres: Ein einfaches Zurück wird es nicht geben. Diese Republik, die wir bis jetzt gekannt haben, ist wahrscheinlich auf eine unmerkliche Art für immer untergegangen.
Die Antwort auf Blau/Schwarz kann nicht nur Rot/Grün sein. Die Antwort können nur Gegenmodelle zum Heute sein: Freizügiger, Liberaler, mit mehr Achtsam- und Duldsamkeit gegenüber allen Minderheiten, mit radikaler Ablehnung von Fremdenfeindlichkeit, Unduldsamkeit gegen Polizei"übergriffen"; eine Gesellschaft die Armut in all ihren Ausprägungen abzumildern für wichtiger hält, als die Förderung der "Leistungsbereiten". Die nicht wegsperrt, sondern nachfragt. Die ganz allgemein die Mitentscheidungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten der Einzelnen über öffentliche Angelegenheiten in allen Lebensbereichen drastisch erhöht.
Und hier sind gerade die AnarchistInnen gefordert. Über einen Dritten Weg nachzudenken. Jenseits von Marktwirtschaft und dem gescheiterten Modell des realen Sozialismus.
Das wird lange nicht die klassenlose und herrschaftslose Gesellschaft sein, die unsere Utopie ist - aber möglicherweise ein Schritt dorthin, den viele bereit sind mitzugehen.
Denn nur eine Gesellschaft für die Solidarität auf diese Art wirklich unteilbar ist, wird es sagen können: Weg mit der Blau/Schwarzen Regierung!
[1] Deren Juniorpartner eine andere ÖVP und ein anderer Wolfgang Schüssel gewesen sein muß.
[2] Eine Neuemission der Währung durch die Notenbank im Übermaß, also eine die das Wirtschaftswachstum übersteigt, führt tatsächlich zu einer schleichenden Inflation - ganz einfach weil die Warenmenge, über die der Staat verfügen kann, nicht größer geworden ist. Allerdings keiner die die ökonomischen Grundfesten wirklich angreift, sondern einer, die sich dann vor allem im Außenhandel mit Drittstaaten bemerkbar macht. Da Außenhandel in Wirklichkeit sehr viel mit politischer Macht zu tun hat, sind Staatsschulden ein sehr bequemer Weg, über mehr Geld zu verfügen, ohne zwischenstaatlich Einfluß einzubüßen.
[3] Gemeint ist wohl der Alexander van der Bellen
[4] Drei - wenn auch verdiente - Politiker als "Weise" zu bezeichnen, diesen Medienhype mitzumachen, weigern sich die VerfasserInnen schlichtweg. Uns hat sich, wenn in Funk und Fernsehen ein "Waisentreffen" vermeldet worden ist, vor unserem geistigem Auge immer das Bild dreier bedauernswerter elternloser Geschöpfe aufgedrängt. Glücklich ist, wer vergißt.