01/2014

Gegen den Akademikerball!

Am 24. Jänner findet der Akademikerball in der Wiener Hofburg statt. Der Ball setzt die Tradition des burschenschaftlichen WKR-Balls unter neuem Namen und organisiert von der FPÖ fort. Bei diesem Ball handelt es sich nicht um eine harmlose Tanzveranstaltung, sondern um ein wichtiges Event der extremen Rechten. Ein Abend, an dem sich "National-Freiheitliche", Deutschnationale und offen Rechtsextreme selbst feiern und Kontakte mit Vertreter_innen der europäischen Rechten pflegen.

Viele langjährige Besucher_innen des Balles sind durch einschlägige Aussagen bekannt: Martin Graf, bis vor kurzem dritter Nationalratspräsident mit Hang zu revanchistischen Ausritten, Barbara Rosenkranz, Vertreterin von Heim-Herd-Mutterkreuz-Politik und Kämpferin gegen den "Gender-Wahn" sowie John Gudenus, der wiederholt öffentlich die Realität der Gaskammermorde der Nazis bezweifelt hat.

Die Tatsache, dass der WKR-Ball und der Akademikerball als sein Nachfolger jahrzehntelang in der Wiener Hofburg stattfinden konnten, zeigt klar, wie gesellschaftsfähig und akzeptiert antisemitisches, rassistisches, transphobes, sexistisches und homophobes Gedankengut hierzulande ist. Erst nach einigen Jahren linksradikaler antifaschistischer Proteste, die das rechtsextreme Feiern und Netzwerken im Stillen unmöglich machten, schien ein Aus für den WKR-Ball in der Hofburg in Aussicht zu stehen.

Nach breiten zivilgesellschaftlichen Protesten war der Druck so groß, dass sich die Hofburg-Betreiber_innengesellschaft veranlasst sah, den WKR-Ball ab 2013 nicht mehr stattfinden zu lassen. Diese Proteste bauen auf Recherchen und Widerstand autonomer Antifaschist_innen auf, welche bis heute mit massiver Repression konfrontiert sind. Während dem WKR-Ballausschuss ab diesem Zeitpunkt die Hofburg nicht mehr zur Verfügung gestellt wurde, konnte der Ball mit einer einfachen Namensänderung in "Akademikerball" und organisiert von der FPÖ weitergeführt werden. Argumentiert wurde, dass Parlamentsparteien die Räume der Hofburg nicht verwehrt werden könnten. Offensichtlich ist es egal, welche Inhalte diese vertreten oder was bei den Veranstaltungen passiert. Damit ist es möglich, dass sich Rechtsextreme wie gewohnt vernetzen und feiern.

Das Engagement von NGOs, Parteien und parteinahen Organisationen bei antifaschistischen Protesten ist aber ein zweischneidiges: Einerseits findet Kritik an rechtsextremem Gedankengut mehr Öffentlichkeit, andererseits basieren viele Argumentationen dieses bürgerlichen Protests auf einer gehörigen Portion Patriotismus: Viele sorgen sich um "das Ansehen Österreichs" und sprechen von einer "Blamage für Österreich". Dieser positive Bezug auf Österreich bietet aber keine emanzipatorische Perspektive, sind Nationen doch Grundlage für gewaltsame Ausschlüsse, indem etwa Tote an den Grenzen in Kauf genommen werden.

Auch die Teilnahme der SPÖ an Protesten, die sich auf die Fahnen schreiben, gegen Rassismus einzutreten, hinterlässt einen schalen Beigeschmack: Wenn die SPÖ schreibt "(...) Wir haben daher den Auftrag zur Wachsamkeit gegenüber Hass, Intoleranz und Ausgrenzung" dann sind diese Aussagen angesichts der Realpolitik der SPÖ einfach nur blanker Hohn. Die "Wachsamkeit" der SPÖ gegen Hass, Intoleranz und Ausgrenzung äußert sich darin, immer heftigere "Asyl"gesetze abzusegnen, die tägliche Abschiebepraxis mitzutragen, Bettelverbote einzuführen, einen rechtsextremen Burschenschafter in das Amt der dritten Nationalratspräsidenten zu hieven, und repressive Gesetze gegen Menschen zu beschließen, die die HERRschenden Zustände nicht akzeptieren wollen.

Gegen jeden Männerbund!

Durch hierarchische Strukturen und Praxen von Unterwerfung wird in Burschenschaften ein spezifisch autoritärer Männlichkeitstyp ausgebildet. Sie vertreten ein strikt heteronormatives Geschlechtermodell, welches Frauen* und Männer* auf ihre traditionellen Bereiche verweist und Identitäten außerhalb dieses Schemas verneint: Frauen* werden z.B. als schwach, fürsorglich, emotional und passiv gesehen während Männer* stark, mutig, rational und aktiv zu sein haben. Die Mensur als Militarisierungsritus, von dem Frauen* und Juden explizit ausgeschlossen sind, leitet sich aus einem deutschnationalen Männlichkeitsbild ab, in dem Aufopferung fürs (deutsche) Vaterland an erster Stelle steht.

Der Männerbund als Organisationsform ist aber nicht Burschenschaften vorbehalten - frauenfreie und frauenfeindliche Strukturen finden sich in fast allen Gesellschaftsspektren. Durch sie entstehen Seilschaften, die Männern* zu gesellschaftlich relevanten Positionen verhelfen, während Frauen* von diesen strukturell ausgeschlossen werden. Jegliche (pro)feministischen Bewegungen und Aktivitäten fürchten Burschenschafter, wittern sie doch darin den möglichen "Volkstod". Wie die Burschenschafter sind auch diese Rollenbilder in der FPÖ stark verankert: Sie steht (gemeinsam mit der ÖVP) für eine frauenfeindliche und antifeministische Politik, wirbt permanent für ein "Heim-Herd-Mutterkreuz"-Denken, hetzt gegen "Gender-Wahn", macht gegen Abtreibung mobil, und ist immer ganz vorne mit dabei, wenn es um patriarchale "Männerrechte" geht.

Homosexualität ist bei Burschenschaften und auch der FPÖ verpönt. Man(n) setzt auf "echte Männer" und "traditionelle" Frauen. Phrasen und Begriffe - wie zum Beispiel "entartet" oder "Volkstod" - die im Nationalsozialismus geprägt wurden "rutschen" ab und zu auch mal in diverse Hetz-Tiraden etablierter Politiker_innen rein. Akzeptiert wird nur ein traditionelles Familienbild, welches schwule und lesbische Lebensgemeinschaften strikt ablehnt. Es wird ein erbitterter Kampf gegen jegliche rechtliche Gleichstellung oder Anerkennung geführt. Homophobe und transphobe Aussagen aus FPÖ-Kreisen sind keine Ausnahme sondern Ausdruck ihres Weltbildes.

Elitäre Akademiker

Als Ausdruck ihres Elitegedanken akzeptieren Burschenschaften nur Männer aus dem studentischen oder akademischen Milieu. Dies wurde auch deutlich, als Götschober, FPÖ-Politiker und im Vorstand des Wiener Akademikerball-Ballausschuss, burschenschaftliche Befürchtungen zerstreuen wollte, der Akademikerball würde eine Veranstaltung werden, "wo der Gemeindebauprolet auftanzen" werde. Mit Hilfe ihrer Männerbündelei erlangen Burschenschafter einflussreiche Posten in Justiz, Politik und Wirtschaft - und setzen somit ihren Elitegedanken in die Tat um.

Hier wird auch schon eine starke Orientierung an kapitalistischer Verwertungslogik sichtbar, ist doch für Burschenschafter eine "produktive" Beteiligung an der Gesellschaft Voraussetzung, um Status zu erlangen. Während Nicht-Akademiker nur "weniger wert" sind, sind Männer, die gar nicht arbeiten können oder wollen aus Sicht der Burschenschafter gar nichts wert.

Auch jenseits von burschenschaftlichen Wertvorstellungen ist das Idealbild vom karriereorientierten arbeitstätigen Mann allgegenwärtig. Um gesellschaftliche Wertschätzung zu erfahren, wird von der breiten Mehrheit Bereitschaft zu Arbeit für das nationale Gemeinwohl vorausgesetzt. Können oder wollen Menschen nichts zu diesem beitragen, werden sie als Belastung gesehen oder gar als "schmarotzend" verachtet. Als Konsequenz droht gesellschaftlicher Ausschluss, im Extremfall werden Betroffene Zielscheibe körperlicher Angriffe. Während aber Burschenschafter Frauen* von diesem Ideal aussparen und in der Hausarbeit statt in der Lohnarbeit verorten, macht die Forderung nach Arbeitswilligkeit im modernen Kapitalismus vor keiner* mehr halt - zusätzlich zur Hausarbeit.

Zu kurz gegriffen...

... wäre es, nur gegen FPÖ und Burschenschafter auf die Straße zu gehen und dabei auszublenden, wie stark menschenverachtende und reaktionäre Überzeugungen in der Mainstream-Gesellschaft verankert sind. Antisemitismus, rassistische Hetze, Ableismus (Diskriminierung von Menschen aufgrund körperlicher Normen und Beeinträchtigung.), (hetero)sexistische Stereotypen, Nationalismus und Patriotismus, Elitarismus und kapitalistische Verwertungslogik gehören zum Alltag, sei es am Stammtisch, in den Medien oder im Parlament.

Die herrschende Gesellschaft, unhinterfragt als "einzig mögliches System" akzeptiert, fördert diesen Normalzustand und verunmöglicht zugleich eine gänzliche Auflösung all dieser untragbaren und unerträglichen Verhältnisse.

Kritisch-emanzipatorische Inhalte und Lebensweisen haben es nicht leicht. Wer sich von unten organisiert und/oder gegen die HERRschenden Zustände rebelliert, wird zunehmend kriminalisiert: Politische Aktivist_innen sind ständig mit Anzeigen und Anklagen konfrontiert, um sie einzuschüchtern und ihren Protest zu delegitimieren. Schluss damit! Die HERRschenden Zustände bekämpfen!

Zerschlagt alle Männerbünde!
Kein Vergeben - Kein Vergessen!
Smash Fascism!