08/2003

Keine Ehrengräber für Nazikadaver

Nachdem Anfang Mai - mit den Stimmen der Grünen und der SPÖ - im Wiener Gemeinderat die Aufhebung des Ehrengrabes für Luftwaffenoffizier und Naziidol Walter Nowotny beschlossen wurde,brach ein Sturm der Entrüstung in diversen mehr oder weniger einschlägigen Kreisen los: Features und Leserbriefe in der Kronen Zeitung, Aussendungen von der FPÖ und einem "Schutzbündnis Soldatengrab". Letzeres plant nun für den 23. August eine Demonstration/Kundgebung für ihren "Helden".

"Oh mein Gott ich brenne"

Der 1920 in Gmünd (NÖ) geborene Nowotny - Mitglied der NSDAP - war bereits zu Zeiten, als diese in Österreich noch illegal war, als hochgradiger Funktionär in der Hitlerjugend tätig. 1943 wurde er aufgrund seiner "Heldentaten" (Abschuss von über 200 sowjetischen Flugzeugen) zum Ehrenbürger der Stadt Wien ernannt, mit nationalsozialistischen Auszeichnungen überhäuft und von den Nazis als Held gefeiert. 1944 verließ ihn jedoch sein Glück: Er wurde beim Einsatz für Führer und Vaterland abgeschossen und wanderte in ein Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof. Sein Begräbnis war äußerst prominent besucht: der Reichsstatthalter und Gauleiter von Wien, Baldur von Schirach bezeichnete ihn dabei als einen wahrhaft nationalsozialistischen Volksoffizier. Die jetzige Aberkennung des Ehrengrabstatus - konkret bedeutet diese lediglich, dass die Stadt Wien künftig keine Grabpflege mehr zahlt - erfolgte natürlich gegen den Willen von FPÖ und ÖVP. Verwahrlosen wird das Grab damit freilich kaum, ist es doch schon seit längerer Zeit zur Pilgerstätte von Kameradschaftsverbänden der Waffen-SS und anderen Alt- und Neonazis geworden.

"Scheiße, Scheiße, meine Triebwerke!"

Heftigen Protest gegen den Antrag gab es vom FP-Stadtrat Johann Herzog. Er bezeichnete Nowotny als "hervorragenden Soldaten", die Aberkennung bedeute die "Missachtung der Kriegsgeneration". Herzog kündigte auch an, dass eine allfällige Zusatztafel beim Grab von Walter Nowotny mit allen zu Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werde.

In der Diskussion meldete sich auch der Bruder von Nowotny zu Wort: Im ORF Report wurde ihm minutenlang beinahe unkommentiert eine Plattform geboten um in der "guten alten Zeit" zu schwelgen, in der ein Schwur noch bindend war, "egal wem er geleistet wurde." Doch dieser Rudolf Nowotny ist nicht irgendein alter Opa, der sich um die Grabstelle seines Bruders sorgt, sondern ein umtriebiger Aktivist der rechtsextremen Szene: So war er geschäftsführender Vorsitzender des - von ehemaligen nationalsozialistischen Funktionären gegründeten - "Verein Dichterstein Offenhausen". Diese rechtsextreme Gruppierung wurde im Oktober 1999 behördlich wegen des Verdachts der nationalsozialistischen Wiederbetätigung im Sinn des Verbotsgesetzes aufgelöst. Zur weiteren Illustrierung seiner Aktivitäten ein Zitat aus einer Ankündigung zum rechtsextremen Burschentag 2001: "Am Begrüßungsabend steht der berühmte deutsche Jagdflieger Walter Nowotny (258 bestätigte Abschüsse) im Mittelpunkt. Sein Bruder Dkfm. Rudolf Nowotny wird uns dabei mit Dias und seiner lebendigen Erzählung Einblicke in die damalige Zeit geben. Wir haben diesen Abend bewusst unter den Titel "Zeitgeschichte anders" gestellt. Für "politisch korrekte" Personen ist dieser Vortrag daher eher nicht geeignet."

Neonazis

Natürlich kommt auch Protest aus den Reihen der heimischen Neonazis - dieser soll nun auch in Form einer Kundgebung manifestiert werden. Schon letztes Jahr veranstaltet die neonazistische KS Germania eine Kundgebung gegen die Ausstellung "Verbrechen der deutschen Wehrmacht". Diese endete aber mit 150 verstörten Neonazis die krampfhaft versuchten einer Rede des Rechtsextremisten Wilhelm Ehemayer zu lauschen, die jedoch mangels akustischer Verstärkung aufgrund von eklatanter organisatorischer Unfähigkeit vollkommen unverständlich blieb. Nach der Kundgebung zogen jedoch noch 80 Neonazis - unter Begleitung der Staatspolizei - "Sieg Heil" grölend durch die Kärntnerstrasse.


Nach einem weiteren Versuch einer Kundgebung in Salzburg - diese wurde behördlich untersagt - dem Verlust ihrer Webpage und Gelächter über die nur so von Fehlern strotzenden Texte kam es zum Zerwürfnis zwischen Robert Faller und Sascha Gasthuber, den Hauptproponenten der KSG. Gasthubers Hass auf Faller ist mittlerweile so ausgeprägt, dass er sich unter dem Namen "redman" - (schlecht) "getarnt" als Antifaschist - sogar nicht zu blöd ist in linken Diskussionsforen klarzustellen, dass er mit Faller nichts mehr zu tun haben wolle, und dass seine Presseaussendungen "viel zu intelligent" geschrieben seien, als dass sie von Faller sein könnten. (nachzulesen unter http://www.n3tw0rk.org )

Auf seinem einsamen Weg durch den heimischen Rechtsextremismus hat Sascha Gasthuber inzwischen einen eher floppenden Internet-Versand namens Yggdrasil gegründet, in dem er unter anderem eine eigene Buchabteilung zu Hitlers Stellvertreter Rudolf Hess führt. Auch Bücher vom notorischen Holocaust-Leugner David Irving können beim Yggdrasil-Versand käuflich erworben werden. Neben seiner "Paintball"-Truppe namens "Legion Thor" bastelt der in Korneuburg (NÖ) lebende Neonazi in seiner "Freizeit" noch an der Webpage für das Gasthaus seiner Eltern in Bisamberg (NÖ).

Als neuestes Projekt hat er sich also zum "Schutzbündnis Soldatengrab" erhoben, das für den 23. August eine Demonstration/Kundgebung gegen die Aufhebung des Ehrengrabes von Walter Nowotny ankündigt. In diversen neonazistischen Foren - wie etwa dem der Rest-KS Germania - wirbt er für das "Bündnis" unter dem nickname sascha1488, also unter Verwendung von unter Neonazis beliebten Zahlencodes: 14 steht dabei für die sogenannten "14 words" - "We must secure the existence of our people and a future for white children" - und 88 für "Heil Hitler" (weil das H der achte Buchstabe des Alphabets ist).

Unterstützung für seine Kundgebungspläne blieb ihm bis jetzt jedoch weitestgehend versagt, so sehr das Thema auch die Kronen-Zeitung und Jung-und-Alt-Nazis beschäftigt. Bis auf eine Ortsgruppe des Ringes Freiheitlicher Jugend (RFJ), dem im August gegründeten RFJ22, hat sich noch kaum wer angeschlossen. Ob ihm diese RFJ Gruppe allerdings hilfreich zur Seite stehen kann, sei dahingestellt. Christian Aichmayr, der stellvertretende Obmann, wirkt ähnlich "fähig" wie Robert Faller, spielt in seiner Freizeit Counter Strike, und winselt in Foren schon mal darüber, dass er am Wiener Schwedenplatz von Skinheads verprügelt wurde. Vielleicht kann er ja mit diesen am 23. August erneut ins "Gespräch" kommen...

Ebenfalls - zumindest thematisch - mit dabei ist die rechtsextreme Burschenschaft Cimbria, die bereits am 13. April 2002 der KS Germania helfend zur Seite stand: Deren Miglied, Felix Budin, sollte ursprünglich am 10. September einen Lichtbildvortrag unter dem Titel "Fliegerheld Walter Novotny, ein Lebensbild" halten. Zumindest der usprünglich geplante Veranstaltungsort ist ihnen aber mittlerweile abhanden gekommen, nachdem das gebuchte Hotel erfuhr, wer denn hier vortragen soll. Budin hatte unter anderem im August 1998 die Anmeldung für ein Neonazikonzert im Burgenland übernommen, das vom wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verurteilten ehemaligen FPÖ-Funktionär Robert Dürr und seiner "Partei Neue Ordnung" organisiert wurde. Und auch beim jetzigen Lichtbildvortrag hat wieder die FPÖ ihre Finger im Spiel: Als Anmelder scheint der FPÖ-Bezirksrat Walter Herbich auf, der im Vorraum seines Büros als Bezirksvorstandsstellvertreter des dritten Wiener Gemeindebezirkes regelmäßig - und ausschließlich - rechtsextreme Lektüre auflegt.

Kontinuitäten

Lange bestand das Ehrengrab eines Nazi"helden" unbehelligt. Und auch die LeserInnen-Briefe von jungen und alten Nazis aus der Kronen-Zeitung sprechen deutliche Worte über das Verhältnis von Herrn und Frau ÖsterreicherIn zum Nationalsozialismus. Und das betrifft nicht nur Neonazi-, Burschenschafter-, FPÖ- und ÖVP-Kreise, sondern zieht sich quer durch die Gesellschaft. Vergessen wir nicht: es war die SPÖ die dem Naziarzt Heinrich Gross die Weiterführung seiner Karriere ermöglicht hat.

Wie verwunderlich ist ein solcher brauner Bodensatz in einem Land, in dem ein Wolfgang Schüssel in seiner Funktion als Bundeskanzler Österreich als "das erste Opfer des Nationalsozialismus" bezeichnet, und so revisionistische Geschichtsbilder fröhliche Urständ feiern? Während Kriegsverbrecher nach wie vor geehrt werden, bleibt Deserteuren die Anerkennung verwehrt. Noch immer werden sie in Österreich regelmäßig als "Vaterlandsverräter", "Feigling" oder "Kameradenschwein" verunglimpft. Menschen die Aufgrund ihrer sexuellen Orientierung von den Nazis verfolgt wurden, werden bis heute nicht als Opfer anerkannt und haben somit keinen Rechtsanspruch auf Entschädigungszahlungen. Während von der blau/schwarzen Regierung Millionen an Förderungen für Burschenschaften und Verbänden von Sudetendeutschen vergeben werden, gibt der langjährige Berater von Jörg Haider, Andreas Mölzer, eine vom Land Kärnten unterstützte Videodokumentation zur Diffamierung der Kärntner und Slowenischen PartisanInnen heraus.

Die Erinnerung an die Verbrechen der Nazis, die unter maßgeblicher Beteiligung von ÖsterreicherInnen begangen wurden, soll in die Vergessenheit gedrängt werden. Durch die schwarz-blaue Regierung werden deutsch-nationale und rechtsextreme Kräfte gefördert und befinden sich im Aufwind. Dem muss entschieden entgegengetreten werden!

Kein Vergeben – Kein Vergessen!

{rosa antifa wien}