05/1999

Rassismus tötet!

Am 1. Mai wurde der 25 jährige Marcus Omofuma ermordet. Er wurde bei seiner Abschiebung von den drei ihn begleitenden Polizistern gefesselt und sein Mund und teilweise auch die Nase mit einem Klebeband verschlossen. Marcus ist erstickt. Nicht einmal einen Monat später, am 28. Mai 1999, wurde ein Sudanese bei der Abschiebung vom deutschen Bundesgrenzschutz ermordet!

Trauer und Wut hat uns erfasst, aber diese Trauer und Wut mischt sich mit der Verzweiflung über das Wissen, daß die Ermordungen keine Ausnahmefälle sind. Sondern im Gegenteil: diese Morde sind Teil einer rassistischen Kontinuität! Wenn sie sagen wie im Fall von Marcus "es ist ein bedauerlicher Unfall" oder nur ein "Ausrutscher" einzelner Polizisten, dann ist das eine schamlose, menschenverachtende Lüge! Rassistische Angriffe der Österreichischen Polizei auf nicht "österreichisch" genug aussehende Menschen,vor allem aber auf Menschen mit schwarzer Hautfarbe, sind an der Tagesordnung! Sie werden aus U-Bahnen gezerrt, bei Fahrzeugkontrollen gedemütigt, erwürgt, vergewaltigt, gefoltert, ermordet! Und sie haben keine Möglichkeiten sich zu wehren, denn wenn sie ihre Peiniger anzeigen, dann werden sie meist selbst und ihre Zeugen angezeigt, und z.B: "wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt" verurteilt. Denn auch die Richter sind rassistisch: O-Ton einer Richterin "sagen??s ruhig Bimbo dann tun ma uns alle leichter...". Es sind in letzter Zeit immer mehr Fälle von Polizeiangriffen an die Öffentlichkeit gelangt, nicht weil solche Dinge vorher nicht vorgekommen währen, sondern weil die Polizisten unvorsichtiger geworden sind. Kein Wunder, denn alles, was über ihre Methoden in die Öffentlichkeit gelangt ist, hatte keinerlei Konsequenzen. Polizisten brauchen keine Konsequenzen zu fürchten. Nicht daß wir glauben, daß sich durch eine Bestrafung etwas an der Einstellung der Polizei ändern würde, aber hat der Mord an Marcus, so wie die unzähligen Folterungen und Mißhandlungen, keine Konsequenzen, dann wird in Österreich weiter gemordet!

Und alle sagen sie hätten von nichts gewußt...

"Von einer solchen Abschiebepraxis weiß ich nichts...", bemüht sich Innenminister Schlögl zu versichern, obwohl schon der ehemalige Innenminister Löschnak zugeben mußte, daß Fesselungen und Knebelungen bei Abschiebungen Praxis sind! Der Generaldirektor der öffentlichen Sicherheit Sika weiß mit rassistischen Aussagen zu glänzen: "...wer weiß, mit welcher Körperkraft DIE (gemeint waren Schwarzafrikaner, Anm.) sich wehren ist mit seiner Kritik (über die Fesselung und Knebelung, Anm.) vorsichtig..." Natürlich wehrt mensch sich, wenn er seine Abschiebung in den Tod, Krieg, Vergewaltigung, Folter, Hunger, Armut... erwartet - er hat nichts mehr zu verlieren. Nur schade für Schlögl und Co, daß nicht einmal das als Rechtfertigung für die menschenverachtende Fesselung und Knebelung herhalten kann, denn Flughafenpersonal sowie die Marcus O. in Schubhaft "betreuenden" Beamten sagen aus, daß kein Widerstand zu erwarten war, beziehungsweise, daß er gar keinen geleistet habe. Und wenn schon, jeder mensch muß die Freiheit haben, sein Leben verteidigen zu können! Die Polit-Prominenz und die Kronen-Zeitung sind sich einig: Das war ein "trauriger Unfall". Also perfektionieren sie den Abschiebe-Apparat.

...aber wir wissen...

Fesseln, Knebeln, mit Polstern die Schreie ersticken, niederspritzen - das alles ist alltägliche Praxis in der Festung Europa. An den EU Außengrenzen sind seit 1992 über 1000 Flüchtlinge ums Leben gekommen, die Zahl der Abschiebungen in den Tod ist freilich unbekannt, denn wen scherts, wenn ein "Illegaler" nach der Abschiebung in sein "Heimatland" verhungert, oder gefoltert, vergewaltigt, oder ermordet wird! Abschiebung ist Folter - Abschiebung ist Mord! Egal ob direkt oder "indirekt". Doch auch die Fälle von Morden während Abschiebungen häufen sich. Am 22. September 1998 wurde die 20-jährige Nigerianerin Semira Adamu während des Fluges von Belgischen Polizisten mit einem Kissen erstickt, einem Rumänen wurde, von Niederländischen Polizisten, wie Marcus, der Mund verklebt. Er überlebte und sitzt mit Hirnschaden wegen Sauerstoffmangels im Rollstuhl. Und jetzt wurde in Deutschland ein Sudanese während der Abschiebung vom Bundesgrenzschutz ermordet! Das sind ein paar Fälle, die publik geworden sind, aber wieviele sind nicht bekannt?

Und die Konsequenzen?

Keine! Nicht für die Mörder und ihre Chefs, die das alles ermöglichten! Ganz sicher nicht in Österreich! In Belgien mußte der Innenminister sofort zurücktreten und den Mördern von Semira wurde der Prozeß gemacht. In Österreich hingegen wird eine regelrechte Unterstützungskampagne für Schlögl und Co gestartet! Die Krone treibt ihre jahrelange rassistische Hetze auf die Spitze: Marcus sei an seiner Ermordung selber schuld... Die "Stimme des Volkes" spricht a la "der ist ja eh wahrscheinlich an einem Koks-Kondom erstickt...!". Es zeigt sich, daß die rassistische Hetze der Medien Früchte trägt, die erzeugte Assoziation "Schwarze= Drogendealer" hat sich in so ziemlich jedem Kopf festgesetzt! Das Innenministerium mit medialer Unterstützung von Krone und Co legt noch einen drauf und "beweist", mit einer großangelegten Razzia (900 Beamte im Einsatz) und natürlich mit Hilfe des "segensreichen" Lauschangriffs, rein zufällig während sie sich mit Ermittlungen gegen ihre Mörder-Polizisten beschäftigen sollte, daß Schwarze=Drogendealer sind. Dank "undichter" Stellen in der Polizei (bei soviel FPÖ-treuen PolizistInnen, gerade bei den Sondereinheiten, kann mensch das eigentlich nicht mehr undicht nennen!) kann die FP jetzt einen Erfolg verbuchen: Denn zum Glück hat sie noch vor der Razzia den Innenminister medienwirksam dazu aufgefordert gegen "schwarzafrikanische Drogendealer" härtere Maßnahmen zu setzen: " Machtlos gegen 1000 Nigerianer", "Handeln sie endlich, Herr Minister Schlögel". Was für ein glücklicher "Zufall" - jetzt kann Haider einen Erfolg verbuchen, verlangt die Abschiebung aller "illegalen" in Österreich und sagt unverblümt "Das Risiko (gemeint ist der Tod von Marcus Omofuma Anm.) muß man in Kauf nehmen (...) denn die Mörder unserer Kinder haben hier nichts verloren!" und betont dabei, daß alle "Illegalen" Drogendealer sind, die "unsere" Kinder ermorden würden...

Es ist anscheinend so, daß "kriminelle" Nicht-Österreicher ermordet werden dürfen, und sind sie nicht kriminell genug, dann bringt man sie einfach in Verbindung mit "kriminellen" Handlungen, und schon ist ein Mord an ihnen wieder gerechtfertigt! Und so läßt der österreichische Staat nichts unversucht, um auch dem ermordeten Marcus Omofuma kriminelle Handlungen anzuhängen: Als sich herausstellte, daß er zuvor schon in Deutschland unter anderer Identität gelebt hatte, und dort sein Asylantrag abgelehnt wurde, schickte das österreichische Innenministerium umgehend Beamte nach Deutschland, um zu ermitteln, ob er dort "kriminelle Handlungen" gesetzt hat. Wäre dann der Mord an Marcus gerechtfertigt gewesen? Was hat seine Identität mit den Klebebänderresten in der Nase zu tun? Nichts!

Offensichtlich ist, daß die Exekutive alles tut, um die Ermittlungen gegen die Mörder-Polizisten zu verschleppen. Die Beamten, die bezeichnenderweise vom selben Anwalt (Farid Rifaat) wie der rechtskräftig verurteilte Neonazi Franz Radl Jr. verteidigt werden, wurden erst nach mehreren Wochen suspendiert: Nachdem die Disziplinarkommission sie nicht suspendiert hatte, verzichtete Schlögl medienwirksam auf ihren Dienst, und läßt sich weiter als beliebter Innenminister von allen feiern (FPÖ und Krone sind ja ganz verliebt in ihn). An Rücktritt denkt er nicht. Die einzige Konsequenz, die aus der Ermordung von Marcus von diesem Staat und allen seinen Unterstützern gezogen wird, ist, daß die tödliche, rassistische Hetze noch massiver wird!

Wie weit soll die rassistische Menschenverachtung noch gehen?

Jemand sagte einmal: "sie behandeln uns wie Tiere", aber es ist viel schlimmer: Tieren wird wesentlich mehr Achtung entgegengebracht. Es wurde ein Tierheim mit Fußbodenheizung und Mozart-Musik als akkustischer Untermalung gebaut, während dieser Staat Menschen, die vor Hunger, Armut, Krieg, Vergewaltigung und Folter flüchten zu "Illegalen" erklärt, sie kriminalisiert und in Gefängnisse pfercht. Menschen, deren einziges "Verbrechen" darin besteht keinen Österreichischen Paß zu besitzen! Diese Menschen werden dann in Hunger, Armut, Krieg, Vergewaltigung und Folter zurückgeschoben, und niemand interessiert sich dafür.

Durchbrechen wir ihren rassistischen Konsens!
Kein Mensch ist illegal!
Wir fordern den Rücktritt von Schlögl, Sika und Matzka!
Stoppt das Morden!
Weg mit allen rassistischen Gesetzen!
Freiheit für alle Schubhäftlinge!

Grenzen auf für alle!

Antirassistischer Widerstand wird kriminalisiert!

Bei der österreichweiten angeblichen "Drogenrazzia", die natürlich in keinem Zusammenhang mit der Ermordung von Marcus stehen könnte, wurde ganz "zufällig" der antirassistische Aktivist Charles O., der auch bei den Protesten gegen die Ermordung von Marcus aktiv war, als angeblicher"Drogenboß" ausgemacht, und verhaftet. Wie irreal diese Behauptung ist, können Leute bestätigen, die ihn näher kennen, aber darum geht es gar nicht. Die Polizei hat nach eigenen Angaben länger ermittelt, die "Bosse" aber erst vor kurzem ausfindig machen können. Da fragt sich doch nach welchen Kriterien. Im Klartext: die Verhaftung von Charles O. ist ein Angriff auf einen antirassistischen Aktivisten und nichts anderes, die ganze Aktion ist ein Versuch, den Widerstand gegen den rassistischen Mörderstaat Österreich zu diffamieren. So wird zum Beispiel behauptet, daß die Verhafteten auch auf einer Demo nach der Ermordung von Marcus Omofuma gedealt, und dafür von ihrem Boß extra dienstfrei (!!!) bekommen hätten. Und es soll das nach dem Tod von Marcus Omofuma leicht angekratzte Image der österreichischen Polizei wieder aufpoliert werden. Denn Drogendealer dürfen ja schließlich auch ermordet werden, nicht wahr? Auf diese Weise soll der - bisher politisch ohne Konsequenzen für die Verantwortlichen gebliebene - Mord an Marcus Omofuma auch noch nachträglich legitimiert werden. Und tatsächlich: Schon wird krampfhaft versucht, einen Zusammenhang zwischen den angeblichen Drogenhändlern und dem Ermordeten herzustellen. Gekannt soll ihn einer haben. Sehr aussagekräftig.

Aktion gelungen, der Zeitpunkt gut getimed. Endlich ist es der Polizei wieder möglich, ungestört dunkelhäutige Passagiere aus U-Bahn-Waggons auszusondern und zu durchsuchen (was sie auch gleich wieder verstärkt aufgenommen hat), die in letzter Zeit zaghaft aufgetretenen kritischen Stimmen, die die zahlreichen rassistischen Übergriffe der österreichischen Polizei gegen Nicht-Österreicher kritisierten, werden wieder verstummen. Der Mord an Marcus Omofuma: Vergessen. So zumindestens haben sich die Planer dieser Aktion das wohl vorgestellt, aber diese Freude dürfen und WERDEN wir ihnen nicht machen.

Gegen den rassistischen Polizeiterror
Greift ein - Wer zuschaut macht sich mitschuldig
Rassismus tötet!

{rosa antifa wien}