Bericht #noEFLinz
Am 29.10.2016 fand der rechtsextreme Kongress "Verteidiger Europas" in Linz statt. In den vom Land Oberösterreich vermieteten Redoutensälen trafen mehrere hundert Vertreter_innen unter anderem aus FPÖ, Burschenschafter-, Verschwörungstheoretiker_innen- und Neofaschist_innen-Kreisen zusammen. Schon im Vorfeld machten die Organisator_innen - das FPÖ Propaganda Portal "unzensuriert.at" und das rechtsextreme Verschwörungsblatt "Info-Direkt" - klar, dass kritische Journalist_innen am Kongress unerwünscht sind. Angesichts der regelmäßigen Plärrereien über die "Lügenpresse" aus dem rechtsextremen Eck ist das natürlich wenig überraschend.
Eine große Sperrzone rund um die Redoutensäle wurde ab 6:00 in der Früh in Kraft gesetzt. Die Sperrzone galt auch für Journalist_innen, der Forderung nach einer pressefreien Zone wurde von der Polizei auch außerhalb der Redoutensäle nachgekommen. Um 9:00 durften dann Pressevertreter_innen an einer "kontrollierten Führung" für eine Alibiaufnahme teilnehmen.
DerStandard dazu: "Wer doch versuchte, mit den Besuchern der ‘Leistungsschau der patriotischen, identitären und konservativen Arbeit’ ins Gespräch zu kommen, wurde von polizeilicher Seite höflich aber bestimmt darauf hingewiesen, dass es ‘der Wunsch der Veranstalter und somit die Aufgabe der Exekutive ist, eine Kontaktaufnahme mit den Gästen zu verhindern.’ Diesen Wunsch setzte die Polizei auch gegen Medien durch.”
Man(n) bleibt lieber unter sich. Und so war es dann auch (zumindest was die Teilnehmer_innen anbelangte): Ein Kongress auf dem primär “alte, weiße Männer” darüber reden, dass "unsere” Frauen mehr "unsere” Kinder gebären müssen, da sonst der "große Austausch" aka "Volkstod" droht.
In diesem Hinblick überraschte es natürlich wenig, als von den Organisator*innen via Twitter frühmorgens verkündet wurde, dass Weihbischhof Laun unter den Redner_innen im Programm sein würde. Zum Auftritt kam es allerdings nicht - obwohl Laun schon in Linz war, da die katholische Kirche einem medialen Eklat aus dem Weg gehen konnte.
Schon zu Beginn des Kongresses und der "Leistungsschau der patriotischen, identitären und konservativen Arbeit" manifestierten sich die versammelten Ideologien zum passenden olfaktorischen Erlebnis: Es stank zum Himmel!
Die OÖN haben dazu geschrieben "Das Gerücht hat sich bestätigt. Gerade wurden zwei Personen von der Polizei abgeführt. Sie platzierten in den Redoutensälen eine Stinkbombe."
Auf diese Meldungen ließ der Spott auf Twitter nicht lange auf sich warten.
Für Verwirrung sorgte dann auch noch ein Satire-Account, welcher dem offiziellen Twitter-Account zum Verwechseln ähnlich sah und das geneigte Twitter-Publikum vortrefflich unterhielt.
Während der Kongress bei geöffneten Fenstern seinen weiteren Verlauf nahm, starteten die Busse aus Wien Richtung Demo in Linz.
Der Bus konnte aber nicht unterbrechungsfrei nach Linz fahren, sondern wurde von der Polizei in ein abgelegenes Waldstück (!) gelotst und von vermummten Polizist_innen durchsucht. Wieder Schikanen vor Antifa-Demos!
Trotzdem kamen alle pünktlich beim Demo-Treffpunk an.
Um ca 15.00 startete dann die Demo vom Linzer Hauptbahnhof in Richtung der Redoutensäle.
Laut und vorallem farbenfroh, linksradikaler Block in Lila und Pink <3
Die Polizeischikanen nahmen allerdings kein Ende. Nicht nur, dass die Demo permanent von der Polizei abgefilmt wurde, sie machte immer wieder Stress mittels dichter Polizeiketten und bauten auf eine Entsolidarisierung von der restlichen Demo, wie es sie in Linz bedauerlicher Weise schon mal gegeben hatte. Doch trotz Versuchen im Vorfeld durch "Verfassungschutz" und Polizei in "gute" und "böse" Demonstrant_innen einzuteilen, ließ sich die Demo nicht spalten. Anwesende Demonstrant_innen und umstehende Menschen solidarisierten sich mit den Antifaschist_innen hinter den Polizeiketten.
Letztendlich konnte die Demo weitergehen und diverse Polizeiuniformen wurden mit Glitzer verziert.
Am Ende der Demo standen wie immer diverse Reden, die sogar bis zu den Redoutensälen zu hören waren. Am späten Nachmittag wurden dann laut Rechtshilfe auch noch die zwei am Vormittag festgenommenen Personen freigelassen.
Die Proteste waren auch diesmal wieder ein Beispiel dafür, wie die Polizei es versteht, auch über Twitter die öffentliche Wahrnehmung und z.B. Stimmung gegen antifaschistische Demonstrant_innen zu beeinflussen. Auch das BM.I Ö meldete sich zu Wort - nachdem im Vorfeld ja schon der "Verfassungsschutz" in der bestellten "Gefahreneinschätzung" klar bei "der Antifa" das Problem sah. In Österreich fallen offenbar rassistische und faschistische Ideologien unter "Meinungsfreiheit". Es wird nicht reichen, wenn immer die selben Leute auf die Straße gehen oder sich zumindest dafür interessieren wie aktuelle Entwicklungen verlaufen. Wenn von "Meinungsfreiheit" die Rede ist, dann geht es meistens darum rechte Hetzer_innen zu verteidigen, die wahlweise "besorgt" oder "verängstigt" zu rassistischer Gewalt aufrufen oder sich darüber freuen, wenn Flüchtende im Mittelmeer ertrinken.
Letztendlich waren ca. 2500 Menschen (die Angaben variieren wie üblich) auf einer Demo gegen den rechtsextremen Kongress, trotz weitgehendem Desinteresse von Medien im Vorfeld, trotz kriminalisierungsversuchen durch Behörden und rechtsextremen Hetzblättern, trotz der üblichen rechten Hetze. Tatsache bleibt aber auch, dass Pühringer geholfen hat einen rechtsextremen Kongress gesellschaftsfähig zu machen. Tatsache bleibt auch, dass sich mehrere hundert Rechtsextreme zu einem Kongress getroffen haben, der für sie ein bedeutendes Ereignis zur Vernetzung, Karriere, Planung und Spendensammlung ist.
Smash Fascism!
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